Mit "Wumms" aus der Wirtschaftskrise
Was Bundesfinanzminister Olaf Scholz unter einem „Wumms“ versteht, liegt nun auf dem Tisch. Anfang Juni 2020 teilte die schwarz-rote Bundesregierung der Öffentlichkeit mit, dass sie 130 Milliarden Euro in die Hand nehmen will, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu bekämpfen.
Schon mit dem ersten Corona-Rettungspaket über gut 120 Milliarden Euro im April war Scholz „in die Vollen“ gegangen, wie er selbst sagte. Doch schon bei Ausbruch der Corona-Krise war absehbar, dass noch weitere Konjunkturhilfen nötig sein würden, um die Wirtschaft nach dem politisch verordneten Stillstand wieder in Schwung zu bringen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob das jetzt beschlossenen Konjunktur- und Krisenpaket geeignet ist, die dazu erforderlichen Impulse zu setzen.
Zweifel bestehen schon aufgrund des Umfangs der beschlossenen Maßnahmen: Die beschlossenen Maßnahmen im Werte von 130 Milliarden Euro machen knapp vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Erwartet wird jedoch, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um etwa acht Prozent einbrechen und sich erst im nächsten Jahr langsam erholen wird. Das Konjunktur- und Krisenpaket ist deshalb eher unter- als überdimensioniert.
Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei den beschlossenen Maßnahmen nicht nur um ein kurzfristig wirksames Konjunktur- und Krisenpaket handelt, sondern die Bundesregierung mit dem Paket auch langfristige Zukunftsprojekte auf den Gebieten der Energie und Digitalisierung verwirklichen will. Insgesamt sind 50 Milliarden Euro dafür vorgesehen, sodass nur noch 77 Milliarden Euro auf das eigentliche Konjunkturprogramm entfallen. Dies ist viel zu wenig, um der Wirtschaft kurzfristig zu helfen.
Merkels neue Europawende
Es hat alle überrascht, was Bundeskanzlerin Angela Merkel am 18. Mai 2020 gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron per Video-Pressekonferenz ankündigte: 500 Milliarden Euro wollen sie über einen „Fonds zur wirtschaftlichen Erholung auf EU-Ebene für Solidarität und Wachstum“ ausgeben, um den von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Regionen wirtschaftlich wieder auf die Beine zu helfen.
Das Geld, und das ist das grundsätzlich Neue, soll den Mitgliedstaaten nicht als Kredit, sondern als verlorener Zuschuss gegeben werden. Die Finanzierung soll durch Anleihen der EU-Kommission auf den Finanzmärkten erfolgen. Für diese Schulden sollen die Mitgliedstaaten einstehen, wofür laut Merkel „der normale Haushaltsschlüssel der Mitgliedstaaten“ gelten soll.
Damit hat die Kanzlerin wieder einmal eine spektakuläre Kehrtwende hingelegt. Jahrzehntelang wehrte sich die CDU dagegen, dass sich die EU als Gemeinschaft verschuldet. Die Warnung vor einer „Schuldenunion“ fehlte auf keinem Parteitag. In der Finanzkrise und danach wurden Wolfgang Schäuble und Angela Merkel nicht müde, ihr kategorisches „Nein“ zu gemeinschaftlichen Anleihen, den sogenannten Euro-Bonds, zu verteidigen. Das alles ist nun Schnee von gestern.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat dem Merkel-Macron-Plan bereits zugestimmt. Scholz sieht darin wie Merkel einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer immer engeren Europäischen Union. Merkel sagte bei ihrem Auftritt mit Macron den bemerkenswerten Satz: „Der Nationalstaat alleine hat keine Zukunft.“ Scholz antwortete auf die Frage, ob er darin einen Schritt zu den „Vereinigten Staaten von Europa“ sehe, dieses Ziel habe die SPD schon 1925 in ihrem Programm gehabt.
Grundsatzkonflikt über die europäische Integration
Nachdem sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit seinem Urteil vom 5. Mai 2020 zu den Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) erstmals über eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hinweggesetzt hat, ist ein Grundsatzkonflikt über die weitere europäische Integration ausgebrochen.
Der EuGH hatte das Ankaufsprogramm (PSPP) der EZB mit Urteil vom 11.12.2018 für rechtmäßig befunden. Dieses Urteil nannten die Karlsruher Richter „methodisch schlechterdings nicht mehr vertretbar“, der EuGH habe damit seinerseits europäisches Recht gebrochen. Das wies das Luxemburger Gericht ausdrücklich zurück und betonte das Primat des EU-Rechts. Unterstützt wurde das Gericht von der Vizepräsidentin der EU-Kommission, Vera Jourova, die das Karlsruher Urteil in scharfer Form zurückwies und indirekt mit einem Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union (EU) gegen Deutschland drohte. Die EU-Präsidentin, Ursula von der Leyen, will darüber nachdenken.
Auch der Vorsitzende der EVP-Fraktion, der CSU-Politiker Manfred Weber, äußerte Unverständnis für das Karlsruher Urteil. Die Richter hätten „zwei Dinge in Frage gestellt, die für Deutschland immer zentral waren: das Primat europäischen Rechts und die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank“. Die Karlsruher Entscheidung dürfe nicht dazu führen, „dass Polen und Ungarn sich nicht mehr an Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs gebunden fühlen“.
Dies sieht der polnische Ministerpräsident Morawiecki ganz anders. Er sprach von einem der wichtigsten Urteile in der Geschichte der Europäischen Union“. Karlsruhe habe schon früher, wie auch das polnische Verfassungstribunal, festgestellt, „dass der Europäische Gerichtshof keine unbegrenzten Kompetenzen hat“. Nun aber sei zum ersten Mal in aller Klarheit gesagt worden: “Die Verträge werden von den Mitgliedstaaten geschaffen, und sie bestimmen, wo für die Organe der EU die Kompetenzgrenzen liegen.“ Versuche, dieses Gebiet zu erweitern, seien „willkürlich und gefährlich für die Rechtstaatlichkeit“. Ohne eine Gewaltenteilung werde „jede Gewalt, auch die der Gerichtsbarkeit, zur willkürlichen, unbegrenzten, undemokratischen Macht“, sagte Morawiecki.
Die Stellungsnahme von Morawiecki trifft den Kern der Sache. Das Urteil des BVerfG stellt weder das Primat des europäischen Rechts noch die Unabhängigkeit der EZB infrage, so Weber. Die Karlsruher Verfassungsrichter waren sich vielmehr darüber einig, im Stimmenverhältnis 7:1, dass die Entscheidung der EuGH zu den Anleihekäufen der EZB „ultra vires“, d.h. außerhalb des ihm erteilten Rechtsprechungsauftrages ergangen ist.
Dies begründet das BVerfG mit insgesamt zehn Leitsätzen folgendermaßen.
Verfassungsgrenzen der EZB-Politik
Ende 2018 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem Ankauf von Staatsanleihen ihr Mandat nicht überschritten habe. Dieses Urteil provozierte scharfe Kritik aus Deutschland. Denn in seinem Vorlagebeschluss hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) von "gewichtigen Gründen" gesprochen, die für eine Kompetenzüberschreitung durch die EZB sprächen.
Die Kläger rügten, der Europäische Gerichtshof sei "nicht gewillt, die Europäische Zentralbank in die Schranken ihres Mandats zu verweisen". Die Entscheidung führe zu einer "weiteren Umgestaltung der Währungsunion", kritisierte der zu den Klägern gehörende Peter Gauweiler (CSU). Auch der ehemalige Bundesverfassungsrichter Dieter Grimm warf dem EuGH vor, eine schleichende Aushöhlung nationaler Kompetenzen zu betreiben, die fernab vom Grundgesetz und in einem nicht demokratischen Modus erfolge (FAZ vom 10.Dezember 2019).
In dieser Lage stand das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor der Aufgabe, über die Verfassungsbeschwerden endgültig zu entscheiden. Dafür gab es zwei Möglichkeiten: Folgte es dem EuGH, hätte es die Verfassungsbeschwerden als unbegründet zurückzuweisen müssen. Das hätte faktisch eine Demontage des BVerfG bedeutet. Hielte es die Verfassungsbeschwerden trotz des EuGH-Urteils jedoch für begründet, wäre das ein europäischer Eklat zwischen den obersten Gerichten, der Folgen haben könnte.
Das BVerfG hat sich mit dem Urteil vom 5. Mai 2020 für den letzteren Weg entschieden und den Verfassungsbeschwerden stattgegeben.
Corona-Krise - ohne Ende?
Alle Welt sucht nach dem richtigen Weg aus der Corona-Krise, auch die Bundesregierung. Wie kann man die Bevölkerung vor dem ansteckenden Virus und die Wirtschaft vor dem Kollaps schützen?
Die Bundesregierung hat in Abstimmung mit den Ländern und Kommunen zur Eindämmung der Corona-Krise bisher folgende Maßnahmen auf den Weg gebracht:
• Die Krankenhauskapazitäten wurden aufgestockt, um die Pandemie zu bekämpfen. Inzwischen gibt es mehr Intensivbetten als benötigt werden.
• Umfassende Ausgangssperren, Kontakt- und Veranstaltungsverbote etc. (Lockdown) wurden angeordnet, damit sich der Virus nicht weiter verbreitet. Seitdem hat sich die Infektionsrate vermindert. Gleichzeitig sind große Teile der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens zum Erliegen gekommen.
• Den wirtschaftlichen Kollateralschaden will die Politik mit finanziellen Hilfen (Darlehen, Subventionen, Steuervergünstigungen etc.) ausgleichen bzw. mildern. Gleichwohl ist zu befürchten, dass viele Unternehmen die Corona-Krise nicht überstehen werden.
Die Bundes- und Landesregierungen stehen dabei vor einer schwierigen Abwägungsfrage: Der Lockdown dient dem Gesundheitsschutz, kostet aber nach den Berechnungen des Ifo-Instituts wöchentlich etwa 25 bis 50 Milliarden Euro an Wertschöpfung. Solche Kosten können nicht dauerhaft durch staatlichen Hilfsprogrammen aufgefangen werden. Schon jetzt gerät der Staat an seine Grenzen. Der Gesundheitsfonds schrumpft massiv. Die Reserven der Bundesagentur für Arbeit reichen höchstens noch bis Ende dieses Jahres.
Die Diskussion um die Sinnhaftigkeit der bisherigen Maßnahmen hat bereits begonnen.
Ethikrat fordert Debatte über Corona-Exit
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnt zur Geduld, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auch. Erst nach Ostern, darauf haben sich die Bundesregierung und die Länder verständigt, soll über mögliche Lockerungen des Lockdowns (Ausgangssperre) beraten werden. Der Ethikrat findet das falsch. Es sei "nie zu früh, über Kriterien für Öffnungen nachzudenken", sagte Vorsitzender Peter Dabrock vor Journalisten.
Was ist der Ethikrat? Der Ethikrat ist ein unabhängiges, von der Regierung eingesetztes Beratungsgremium. Ihm gehören 26 Mitglieder an, vor allem Mediziner, Juristen, Naturwissenschaftler und Theologen. Das Gremium hat den Auftrag, die Öffentlichkeit zu informieren, Diskussionen in der Gesellschaft zu fördern und die Bundesregierung sowie den Bundestag zu beraten. Vor allem geht es um ethische, gesellschaftliche, naturwissenschaftliche, medizinische und rechtliche Fragen und deren Folgen.
Im Rahmen dieses Auftrags hat sich der Ethikrat mit einer Ad-hoc-Empfehlung zur Corona-Krise zu Wort gemeldet. Darin wendet er sich gegen die oft geäußerte Meinung, Krisen seien „die Stunde der Exekutive“. Dies greift nach Meinung des Ethikrates zu kurz. „Die aktuell zu klärenden Fragen berühren die gesamte Gesellschaft; sie dürfen nicht an einzelne Personen oder Institutionen delegiert werden. Gerade schmerzhafte Entscheidungen müssen von den Organen getroffen werden, die hierfür durch das Volk mandatiert sind und dementsprechend auch in politischer Verantwortung stehen. Die Corona-Krise ist die Stunde der demokratisch legitimierten Politik.“
Corona-Pandemie
Was sind die Aufgaben eines Staates? Die Antwort lautet: Zu allererst die allgemeine Gefahrenabwehr, egal woher die Gefahr kommt. Das kann auch eine Virus-Epidemie (Pandemie) sein.
Überraschenderweise war es Bill Gates, der dieses Thema im Jahr 2017 auf der Münchener Sicherheitskonferenz als erster zur Sprache brachte. „Wir müssen uns auf Epidemien vorbereiten, wie sich das Militär auf den Krieg vorbereitet. Das bedeutet nicht nur, dass das Militär seine medizinischen und logistischen Kapazitäten in den Dienst der Virus-Bekämpfung stellen muss, sondern dass die Öffentlichkeit für den Ernstfall einer Pandemie probt und die Verhaltensregeln einübt.“
Bill Gates machte dazu den Vorschlag, eine sogenannte Impfstoff-Plattform zu etablieren. „Sie soll Wissenschaftlern dabei helfen, einen universell anwendbaren Impfstoff zu finden, der durch geringfügige Änderungen gegen verschiedene Krankheiten eingesetzt werden kann. Grundlagen-Forschung hierzu gibt es bereits, allerdings fehlen finanzielle Mittel.“
Außerdem forderte er, das Gesundheitssystem in den weniger entwickelten Ländern zu unterstützen, nicht etwa um die weltweite Ungleichheit zu bekämpfen, sondern vielmehr, weil das im Interesse aller Staaten liegt: „Nur so kann eine globale Pandemie verhindert werden.“
Fraglicher Kohleausstieg
Deutschland macht als erstes und einziges Land gleichzeitig Schluss mit Atomenergie und Kohleverstromung. Die Risiken und Kosten sind enorm. Die Bundesregierung und weite Teile der Öffentlichkeit sind aber überzeugt, dass es zu den beschlossenen Maßnahmen aus Gründen des Klimaschutzes keine Alternative gibt.
Auf Atom- und Kohlekraftwerke fielen 2018 noch 47 Prozent der deutschen Bruttostromerzeugung. Ginge es nach den Klimaschützern, müssten alle Werke stillgelegt werden, und zwar möglichst schnell. Die Folgen für Industrie und gesellschaftlichen Wohlstand werden ausgeblendet. Denn es geht ja darum, die Welt vor der Klimakatastrophe zu retten.
Wie Deutschland das bei einem Anteil von zwei Prozent am weltweiten CO2-Ausstoß schaffen soll, bleibt unbeantwortet. Deutschland müsse eben vorangehen und ein „Vorbild“ für die Welt sein, heißt es. Spätestens hier entpuppt sich der Klimaschutz als eine „Heilslehre“, selbst dann, wenn das Klimagas C02 - wie viele Wissenschaftler meinen - der entscheidende „Klimakiller“ ist.
Merkels Grenzen
Die Abschaffung der EU-Binnengrenzen durch die Schengen-Abkommen gehört zu den großen Errungenschaften der europäischen Einigung. Aber ohne wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen werden die Binnengrenzen zurückkommen, wenn man die Mitgliedsstaaten nicht destabilisieren will. In diesem Dilemma befindet sich die Bundesregierung seit dem Jahr 2015.
Die Bundesregierung hat im Herbst 2015 entschieden, dass die deutschen Grenzen trotz eines massiven Zustroms von Flüchtlingen offen blieben. Einen wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen gab es damals aber so wenig wie heute. Innenminister Thomas de Maizière rechtfertigte die Grenzöffnung mit einem humanitären Grund: „Die Entscheidung war in einer Ausnahmesituation humanitär geboten. Hätten wir anders gehandelt, wären genauso viele Flüchtlinge gekommen – nur später.“
Gegen eine Ausnahmesituation spricht schon die Tatsache, dass die Bundesregierung bis heute an ihrer Politik der offenen Grenzen festhält. Der Schutz der Außengrenzen hat sich zwar verbessert, die zahlreichen illegalen Grenzübertritte zeige aber, dass es einen wirksamen Schutz der EU-Außengrenze nicht gibt. sind aber die gleichen geblieben, auch nicht an der türkisch-griechischen Grenze.
Ehrenschutz in den sozialen Medien?
Die sozialen Medien sind ein digitales Medium, das den Nutzern faktisch keine Grenzen setzt: Mitbürger können straflos beleidigt und verleumdet werden! Die Richtigkeit von behaupteten Fakten bleibt ungeprüft! Politiker werden verunglimpft und bedroht! Hass und Neid gegen ganze Bevölkerungsgruppen werden unkontrolliert verbreitet.
Den Nutzern steht dabei nahezu kostenlos eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung: Sie können eigene Inhalte senden, sie können aber auch fremde Inhalte kommentieren und beliebig weiterleiten (teilen). Was früher in kleinen Gruppen diskutiert wurde, erreicht heutzutage über Facebook, Twitter oder Instagram Tausende von Nutzern. Facebook allein wird täglich von mehr als eine Milliarden Menschen genutzt.
Die sozialen Medien wachsen und gedeihen durch die „Anonymität des Internets“, die enthemmt und vieles möglich macht. Die Masse an Persönlichkeitsverletzungen oder Erscheinungen wie Shitstorm oder Cybermobbing sind anders nicht zu erklären. Politiker, Unternehmen und Privatpersonen sind davon gleichermaßen betroffen.
Nun würde man denken, dass der Gesetzgeber oder die Gerichte alles tun, um den Betroffenen den erforderlichen Ehrenschutz zu gewähren. Leider ist das Gegenteil der Fall: Denn das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Rechtsprechung zur Meinungsfreiheit solchem Treiben in den sozialen Medien Tür und Tor geöffnet. Einen wirksamen Ehrenschutz gibt es dort nicht mehr.
CDU ohne Führung
Seit Angela Merkel die CDU führt, hat die Partei Probleme mit ihrem konservativen Flügel. Die distanzierende Haltung der Parteispitze zur Werteunion ist dafür nur ein aktuelles Beispiel. Dies unterscheidet Merkel fundamental von früheren Vorsitzenden der Partei, die die Partei immer als eine Union liberaler, sozialer und konservativer Gruppierungen verstanden. Franz-Josef Strauß formulierte sogar den Grundsatz, dass es rechts von der CSU keine verfassungsmäßige politische Kraft mehr geben dürfe.
Von diesem Grundsatz haben sich CDU und CSU unter der Führung von Angela Merkel längst verabschiedet. Statt sich um die konservative Anhängerschaft zu kümmern, sucht man seit Jahren im links-liberalen Lager nach neuen Wählern. Das hat die Union für SPD und Grüne koalitionsfähig gemacht, aber gleichzeitig dazu geführt, dass konservative Mitglieder die AfD gründeten. Wohin das letztlich geführt hat, lässt sich an den Ereignissen in Thüringen nach der jüngsten Landtagswahl beobachten.
Ferguson über Trump und Merkel
Niall Ferguson ist Wirtschaftshistoriker, der in Harvard und Stanford gelehrt hat. Der gebürtige Schotte hat der Zeitung „DIE WELT“ am Rande des Wirtschaftsforums 2020 in Davos ein Interview gegeben, in dem er sich zur Wirtschaftspolitik von Donald Trump und Angela Merkel geäußert hat.
Ferguson lobte in dem Interview die Politik von Donald Trump, die dieser in Davos als „ein Model für die Welt“ dargestellt hatte. Während Europa diskutiere, ob überhaupt etwas getan werden könne, habe Trump mit einer großen Steuersenkung und mit einem Budgetdefizit von einer Billion Dollar für Wirtschaftswachstum gesorgt. Dies habe zu mehr Jobs und zu einem Beschäftigungsaufschwung bei Leuten mit geringer Qualifikation und niedrigen Gehältern geführt. „Amerika ist damit definitiv ein Modell für Europa. Und ganz besonders für Deutschlang“, meinte Ferguson.
Auf den Einwand, dass in Europa doch viel Geld für den Klimaschutz in die Hand genommen werde, sagte Ferguson: „Die Europäer haben sich eingeredet, dass sie einen Green Deal haben können und dass dann magischerweise das Wirtschaftswachstum steigt. Obwohl doch eindeutig ist, dass der Green Deal das Wirtschaftswachstum verringern wird.“ Denn Klimaschutz sei zwangsläufig mit steigenden Energiekosten und nachlassender Wettbewerbsfähigkeit verbunden. „Die Vorstellung, dass ausgerechnet der Green Deal das Wachstum fördern könnte, ist eine der seltsamsten Ideen, die es im Moment überhaupt gibt auf der Welt.“
Geheimdiplomatie in der Klimapolitik
Bei den Bauerprotesten in Berlin hat die derzeitige Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) ihre umwelt- und klimapolitischen Maßnahmen unter anderem damit für notwendig erklärt, dass ansonsten Strafzahlungen der Bundesregierung gegenüber der Europäischen Union fällig würden bzw. teure CO2-Emissionszertifikate gekauft werden müssten.
Dieses Argument hat viele überrascht, weil solche Konsequenzen bisher in der seit Jahren geführten Klimadebatte nicht auftauchten. Es stellen sich deshalb mehrere Fragen:
(1) Wo ist geregelt, dass EU-Mitgliedsländern bei Verfehlung bestimmter Klimaziele Strafzahlungen oder Ankaufpflichten für CO2-Emissionszertifikate drohen?
(2) Wer trägt dafür auf europäischer oder nationaler Ebene die politische Verantwortung?
(3) Warum haben deutsche Politiker im Europäischen Parlament oder Bundestag solchen Konsequenzen nicht öffentlich widersprochen?
Finanzierung des "European Green Deal"
Als Ursula von der Leyen als neue EU-Kommissionspräsidentin im Dezember 2019 der Öffentlichkeit ihren „European Green Deal“ vorstellte, nannte sie nur eine Zahl: Bis 2030 will die Europäische Kommission angeblich eine Billion Euro, also ab 2020 100 Milliarden Euro jährlich, für dieses Mammut Projekt aktivieren. Damit soll der europäische Kontinent bis 2050 klimaneutral gemacht und die Wirtschaft wieder in Schwung gesetzt werden. Ganz im Sinne des übergeordneten Ziels, Ökologie und Ökonomie zu versöhnen.
Mitte Januar dieses Jahres hat von der Leyen nun vor der Presse erläutert, wo wie sie die versprochenen 100 Milliarden Euro jährlich zusammen bringen will. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Geplant ist, dass etwa die Hälfte des Geldes aus dem EU-Haushalt kommen soll, indem alte Haushaltstitel eine neue Bezeichnung erhalten. EU-Mitgliedstaaten sollen im Wege der Mitfinanzierung 115 Milliarden Euro jährlich beisteuern. Von öffentlichen und privaten Geldgebern will von der Leyen 280 Milliarden Euro einsammeln. Die EU-Kommission will sich an den 100 Milliarden Euro jährlich nur mit frischem Geld in Höhe von - sage und schreibe - 7.5 Milliarden Euro beteiligen.
Die FAZ vom 15. Januar 2020 kommentierte diesen Finanzierungsplan mit folgenden Worten: „ und es zeigt sich, dass von der Leyen der Öffentlichkeit mit ihren beeindruckenden Summen tatsächlich mehr Klimaschutz verkauft hat, als sie liefern kann.“ Dazu im Einzelnen:
Herausforderungen an den Mittelstand in der Zukunft
I
Allgemeiner Rückblick auf das Jahr 2019:
• Die deutsche Wirtschaft hat eine Wachstumspause eingelegt. Trotz extrem niedriger Zinsen ist die Konjunktur verhalten.
• Betroffen ist insbesondere die Industrie: Wohin geht die Reise bei den Automobilherstellern, der deutschen Chemie und den Anlagenbauern? Hier gibt es auch strukturelle Probleme.
• Die Beschäftigungslage ist weiterhin gut. Der Arbeitsmarkt sendet aber unterschiedliche Signale: Facharbeitermangel im Mittelstand und Kurzarbeit in der Industrie.
• Offen ist die Frage, ob die wirtschaftlichen Probleme in Deutschland auf äußeren Einflüssen beruhen (Brexit, Handelskrieg USA-China, Autozölle) oder hausgemacht sind (Energiewende, wachsende Bürokratie).
Von der Leyens "Green Deal"
Als die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 11. Dezember 2019 im Europäischen Parlament in Brüssel ihren „Green Deal“ zum europäischen Klimaschutz vorstellte, sagte sie: „Das ist Europas Mann-auf-dem-Mond-Moment“. Damit wollte sie auf die Bedeutung dieses Projektes für die Europäische Kommission aufmerksam machen.
Mit dem Green Deal setzt sich die Europäische Union (EU) das politische Ziel, Europa als Vorreiter im Klimaschutz bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Um der Welt dies zu erklären, war der Zeitpunkt kurz vor dem Ende des internationalen Klimagipfels in Madrid klug gewählt.
Vorerst sind es jedoch nur politische Absichtserklärungen, mit denen von der Leyen in ihrer Rede aufwartete. Die EU-Kommission hat sich damit aber in der durch „Greta Thunberg“ heiß gelaufenen Klimadebatte wieder Gehör verschaffen können. Naheliegend ist auch, dass sie sich damit bei den Grünen bedanken wollte, die sie bei ihrer Wahl unterstützten.
Mit dem "Green Deal" versucht die EU-Kommission, eine gemeinsame europäische Aufbruchsstimmung zu erzeugen, um die EU in der Art eines Befreiungsschlags aus ihrer inneren Misere herauszukatapultieren. Das vermeintlich über allen Gegensätzen und Querelen stehende Thema des Klimawandels scheint der EU-Führung für einen solchen Schub optimal geeignet. Doch angesichts der bedrohlichen Desintegrationstendenzen innerhalb der EU gleicht die Fokussierung auf das Klimathema eher einer Realitätsflucht: dem Versuch, durch einen Sprung ins Visionäre den wachsenden Konflikten zu entkommen, die die EU zu sprengen drohen.
De Maizière und das Vertrauen
Nach einer neuen Allenbach-Umfrage halten nur noch 57 Prozent der Befragten die politische Stabilität für eine Stärke Deutschlands. Mitte 2015 waren es noch mehr als 80 Prozent. Beinahe halbiert, von 49 auf 26 Prozent, hat sich auch der Umfragewert für den Glauben an die Stärke der Bundesregierung. Zu erklären ist dieser rasante und ungewöhnliche Absturz nur mit einem massiven Vertrauensverlust der Bürger in die Regierung und in die politischen Institutionen.
Entscheidend für diesen Vertrauensverlust war der Herbst des Jahres 2015, in dem Angela Merkel "allein" entschied, Tausende von muslimischen Flüchtlingen über die deutsch-österreichische Grenze einwandern zu lassen. Diese unkontrollierte Masseneinwanderung nach Deutschland hat das Vertrauen vieler Bürger in die Funktionsfähigkeit der staatlichen Organe tiefgreifend erschüttert. Thomas de Maizière, ein langjähriger Vertrauter der Bundeskanzlerin, war damals der für Einwanderungsfragen verantwortliche Innenminister.
Die von Merkel angeordnete Grenzöffnung wurde intern von vielen Seiten kritisiert. Unions-Innenpolitiker drängten die Kanzlerin, die Grenzkontrollen wieder herzustellen. Die Fachbeamten im Innenministerium waren gespalten: Die für Sicherheit zuständigen Beamten forderten Kontrollen mit der Möglichkeit der Zurückweisung, die für die Zuwanderung zuständigen Beamten sprachen sich demgegenüber für offene Grenzen aus.
Das Führungsdilemma der CDU
Der Parteitag in Leipzig
Auf dem Leipziger Parteitag der CDU Ende November 2019 erlebten die Delegierten eine Angela Merkel, die eigentlich nichts mehr zu tun hatte. Nachdem sie ihr Grußwort gehalten hatte, saß sie auf dem Podium, meldete sich aber nicht mehr zu Wort. Sie wirkte, als ob sie das eigentlich alles nichts mehr anging.
Auch in den Reden der Delegierten auf dem Parteitag kam Angela Merkel kaum noch vor. Auffällig im Vergleich zu früheren Parteitagen war, wie spärlich das Lob der Delegierten für ihre langjährige Vorsitzende war. Es gab sogar kritische Äußerungen über ihre Art, die Dinge nüchtern und ohne eine Vision anzugehen.
Die jetzige CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer vermied zwar die Konfrontation, sie machte aber immer wieder deutlich, was ihr an der Regierungspolitik nicht gefällt. Es war insbesondere die Sozialpolitik der vergangenen Merkel-Jahre, die sie infrage stellte. So kündigte Kramp-Karrenbauer an, die in der Ära Merkel stark angestiegenen Sozialleistungen auf den Prüfstand stellen zu wollen. „Der Sozialstaat kann nicht davon leben, dass wir immer mehr in ihn hineinschütten.“
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus war es dann, der das Führungsdefizit in der CDU thematisierte, allerdings ohne Merkel direkt zu kritisieren. „Wir müssen den Anspruch haben als Union, den Anspruch als Bundesregierung, dieses Land auch zu führen. Zu führen heißt erst mal, die richtigen Themen zu setzen, das sind Zukunftsthemen“, sagte er. Nach dem Parteitag müsse man die Entscheidung treffen, wie man die nächsten eineinhalb Jahre gestalten wolle. „Die möchte ich nicht damit gestalten, noch mehr umzuverteilen.“ Zukunftsfest müsse man das Land machen, nach vorne denken. Die CDU habe immer eine große Erzählung gehabt, eine solche müsse man wieder entwickeln.
Gesundheitsminister Jens Spahn ging noch einen Schritt weiter: Er lobte zwar die Leistung von Merkel, fügte aber hinzu: „Nun ist die Zeit für einen Aufbruch da. Unsere Partei muss wieder einmal laufen lernen.“ Dies war ein ziemlicher Affront, weil er damit auf den Beitrag in der FAZ Bezug nahm, mit dem Merkel den Rücktritt von Helmut Kohl eingefordert hatte. „Die Partei muss also laufen lernen, muss sich zutrauen, in Zukunft ohne ihr altes Schlachtross, wie Helmut Kohl sich oft selbst gerne genannt hat, den Kampf mit dem politischen Gegner aufzunehmen.“ Jetzt ist Merkel selbst das alte Schlachtross, was Jens Spahn unmissverständlich zum Ausdruck brachte.
Der Protest der Bauern
Ende November 2019 rollten nach Schätzungen der Berliner Polizei rund 8600 Traktoren zum Brandenburger Tor, um gegen die Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung zu protestieren. Aufgerufen zu der Protestfahrt hatte nicht der Bauernverband, sondern eine private Initiative von Landwirten, die sich über die sozialen Netzwerke organisiert hatte und als "Land schafft Verbindung" auftritt.
Die Landwirte sind in Aufruhr, weil eine aus ihrer Sicht großstädtisch geprägte und auf Umweltschutz bedachte Politik ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet. „Wir deutschen Bauern produzieren zu den weltweit höchsten Standards und wir verwahren uns ausdrücklich gegen das negative Bild der Landwirtschaft, das immer wieder in der Öffentlichkeit gezeichnet wird“, heißt es seitens der Initiatoren.
"Das Agrarpaket von Klöckner und Schulze hat das Fass zum Überlaufen gebracht", sagte die Landwirtin Andrea Rahn-Farr aus der Wetterau. In Schutzgebieten, den sogenanten roten Flächen, sollen die Landwirte künftig keine Pestizide mehr ausbringen dürfen. "Das betrifft hier in der Wetterau rund 3500 Hektar." Selbst sei sie davon nicht betroffen, aber es gehe ihr um ihre Kollegen. "In den Schutzgebieten werden die Erträge sinken. Ohne Ausgleichszahlungen sei das eine Form der Enteignung, die wir uns nicht bieten lassen wollen", sagte Rahn-Farr.
Konkret geht es um das Agrarpaket, das die Bundsumweltministerin Svenja Schulze (SPD) zusammen mit der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) Anfang September vorgestellt haben. Inzwischen stellen die Landwirte an die Bundesregierung aber die grundsätzliche Frage, ob es in Deutschland überhaupt noch eine existenzfähige Landwirtschaft geben soll. Die Initiative der Landwirte fordert dehalb nicht nur das Aussetzen des Agrarpakets, sondern besteht darauf, „dass gesellschaftliche Wünsche wie zum Beispiel Tierwohl, extensive Bewirtschaftung (und damit geringerer Ertrag und Gewinn), die Ausbreitung der Wölfe und Umweltschutzmaßnahmen finanziell von der Gesellschaft getragen werden".
Umweltschädliche E-Autos
Die Rahmendaten für die Verkehrswende stehen fest: Vom kommenden Jahr an dürfen die Neuwagen einer Autoflotte im Durchschnitt nur noch 95 Gramm CO2 je Kilometer ausstoßen. Das entspricht rund vier Liter Benzinverbrauch auf einhundert Kilometer. Ab 2030 sind es nur noch 60 Gramm. Momentan liegt der Durchschnitt bei 130 Gramm.
Die Bundesregierung hat sich für höhere Grenzwerte eingesetzt, in Brüssel jedoch den Kürzeren gezogen. Allein mit den klassischen Verbrennungsmotoren werden die neuen Grenzwerte nicht einzuhalten sein. Ein Benziner dürfte dann nur noch zwei bis drei Liter Benzin auf 100 Kilometer verbrauchen. Physikalisch ist es kaum möglich, Fahrzeuge zu bauen, deren Verbrauch im regulären Betrieb unter sechs Liter liegt.
Der Autoindustrie indes bleibt nichts übrig, als sich an den vorgegeben Werten zu orientieren. Bei Überschreiten drohen den Autobauern hohe Strafen, die ihre Existenz gefährden könnten. Die Hersteller sind damit faktisch gezwungen, ihre Flotten mit alternativen Antriebstechniken auszustatten. Zur Auswahl stehen: das E-Auto, das Wasserstoffauto und synthetische Kraftstoffe, die nicht auf fossilen Rohstoffen basieren.
Seehofers neue "Asylwende"
Es ist nur eineinhalb Jahre her, dass Innenminister Horst Seehofer, damals noch CSU-Vorsitzender, gegenüber Angela Merkel darauf pochte, dass Deutschland viel mehr Asylbewerber zurückweisen sollte. Und zwar alle, die bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt hatten. Es ging Seehofer darum, die sog. Sekundärmigration nach Deutschland zu beenden.
Als Merkel „nein“ sagte, gab es zwischen der CSU und der CDU einen heftigen Streit über die grundsätzliche Frage, wie die Bundsregierung auf den unablässigen Flüchtlingsstrom reagieren sollte. Merkel wollte das Problem multilateral auf europäischer Ebene lösen, Seehofer bestand demgegenüber auf nationalen Maßnahmen, wie die Zurückweisung an der deutschen Grenze.
Um den Streit zu schlichten, verständigten sich CDU und CSU darauf, dass Asylbewerber, für die andere Länder zuständig sind, an der deutsch-österreichischen Grenze zurückgewiesen werden können, falls diese Länder die Rücknahme vertraglich zusichern. Merkel versprach, sich persönlich um solche Abkommen bemühen zu wollen.
Seehofer willigte in diesen Kompromiss ein unter der Voraussetzung, dass die Rücknahmeabkommen einer Zurückweisung an der deutschen Grenze „wirkungsgleich“ sein würden. Ansonsten werde er Migranten eigenmächtig zurückweisen lassen. Geschehen ist bis heute allerdings nichts, so dass es weiterhin eine hohe Sekundärmigration nach Deutschland gibt.
Pro Monat kommen weiterhin mehr als 10.000 Asylsuchende über europäische Partnerländer nach Deutschland. Davon wurden bis Mitte 2019 gerade einmal 20 Asylbewerber zurückgeschickt: 18 nach Griechenland und zwei nach Spanien, mit denen Rücknahmeabkommen vereinbart wurden. Die Bemühungen um ein Abkommen mit Italien sind gescheitert.
Nach bisher unbekannte Daten des Ausländerzentralregisters (AZR) hielten sich Ende 2019 insgesamt 350.000 Ausländer ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland auf. Nach Angaben des Bundesinnenministerium sind Personen gespeichert, die "weder einen Aufenthaltstitel, eine Aufenthaltsgestattung oder ein sonstiges Aufenthatsrecht" besitzen. Als ausreisepflichtig wurden davon nur 36.000 Personen geführt.
Griechenland torpediert systematisch die europäischen Bemühungen gegen die unerlaubte Weiterwanderung von Asylbewerbern. Immer noch reisen viele dort registrierte Migranten illegal nach Deutschland und müssten - abgesehen von Härtefällen - gemäß der Dublin-Regelung wieder dorthin zurückgebracht werden. Die BAMF stellte 2018 insgesamt 7079 Übernahmeersuche, wovon Athen 97 Prozent ablehnte. Tatsächlich durchgeführt wurden nur 18 Rücknahmen.
Seehofers Ankündigung, er werde Asylsuchende an der Grenze zurückweisen, wenn die Rücknahmeabkommen nicht „wirkungsgleich“ sein würden, hat sich deshalb als Luftnummer erwiesen.
Gespaltene CDU
Nach dem Desaster der CDU bei der Landtagswahl in Thüringen am 27. Oktober 2019 rechnete Friedrich Merz mit der Kanzlerin ab. „Das gesamte Erscheinungsbild der deutschen Bundesregierung ist einfach grottenschlecht“, sagte er in einem ZDF-Interview. Er habe bei vielen Veranstaltungen großen Unmut über CDU und SPD erlebt. „Ganz überwiegend steht die Bundeskanzlerin im Mittelpunkt der Kritik“, sagte Merz weiter. Er könnte sich nicht vorstellen, dass diese Art des Regierens bis zum Ende der Wahlperiode in zwei Jahren andauert.
Natürlich gab es Widerspruch aus der CDU-Führung: Eine vorzeitige Führungsdebatte würde der Partei nur schaden, hieß es in der CDU-Vorstandssitzung. Der CDU-Ministerpräsident Günther bezeichnete die Kritik von Merz als eine „Debatte, die von älteren Männern geführt wird, die vielleicht nicht ihre Karriereziele erreicht haben.“
Was an diesem Geplänkel deutlich wird, ist der Riss, der die CDU heute in zwei Lager spaltet. Der Riss ist grundsätzlicher Natur und geht bis ins Persönliche. Denn seit den Landtagswahlen in Ostdeutschland geht in der CDU die Angst um, dass die Partei noch weiter absinkt und damit im Bund den Anspruch auf das Kanzleramt verliert. Dies wäre für die CDU der Gau.
Angela Merkel hat für diesen Fall bereits vorgesorgt: Die große Koalition wird unter ihrer Kanzlerschaft bis zum Ende der Legislaturperiode weiter regieren. Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK), die neue Vorsitzende der CDU, soll im nächsten Jahr zur Kanzlerkandidatin der CDU gekürt werden und den Wahlkampf 2021 führen.
Damit sind aber Friedrich Merz und seine Freunde keineswegs einverstanden: Sie halten AKK schon auf Grund ihrer schlechten Umfragewerte für die falsche Kandidatin. Außerdem sind sie der Meinung, dass die CDU in ihrem heutigen Zustand die Wahl verlieren wird. Sie fordern deshalb einen radikalen Kurswechsel und die baldige Festlegung auf einen geeigneten Kanzlerkandidaten, der natürlich Friedrich Merz heißen sollte.
Beide Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber. Die jeweilige Stärke oder Schwäche ist nur schwer einzuschätzen. Vorerst geht es darum, die Truppen zu sammeln und sich für den endgültigen Schlagabtausch vorzubereiten. AKK hat dabei den Vorteil der Regierungsnähe. Die Stärken von Friedrich Merz sind seine Distanz zu Merkel und die größere Popularität. Der Nachteil beider ist die Lagerbildung, weil dadurch die Chancen von Kompromisskandidaten steigen.
Mario Draghis Erbe
Am 31. Oktober 2019 endet die achtjährige Amtszeit von Mario Draghi als Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Sein Erbe ist heiß umstritten. Die einen feiern ihn als den Retter des Euro, die anderen werfen ihm vor, vereinbarte Grundregeln der Geldpolitik mutwillig über Bord geworfen zu haben. Sind dieses Lob und diese Vorwürfe berechtigt? Ich meine: Nein!
Erinnern wir uns, dass die infolge des Zusammenbruchs von Lehman Brothers im Jahr 2008 ausgelöste Finanzkrise bereits vorbei war, als Mario Draghi im Jahr 2011 die EZB übernahm. Auch die Wirtschaft, die infolge der Finanzkrise in eine Rezession geraten war, befand sich schon wieder im Aufschwung. Es hätte also nahegelegen, die in der Finanz- und Wirtschaftskrise gestartete Politik des leichten Geldes schrittweise zu beenden.
Mario Draghi hat als Präsident der EZB aber genau das Gegenteil getan und die Geldschleusen weiter geöffnet. Allein auf Grund des im Jahr 2015 gestarteten Anleihekaufprogramms hat die EZB Anleihen im Wert über eine Billion Euro erworben, um Wirtschaft und Staaten mit Liquidität zu versorgen.
Warum hat Mario Draghi dies gemacht? Klärung kann ein Blick in die Vergangenheit des Euro bringen.
Es gibt keinen Klimanotstand
In einem offenen Brief an den UNO Generalsekretär Guterres haben sich 500 Wissenschaftler und Fachleute in einer „Europäischen Klimaerklärung“ gegen die sinnlose Verschwendung von Billionen Dollar in der Klimapolitik gewendet. Zu den Unterzeichnern gehört auch der Chemiker Fritz Vahrenholt, ein Pionier der Umweltbewegung.
Hier der Wortlaut der Erklärung:
„Eure Exzellenz,
Ein globales Netzwerk von mehr als 500-Experten und erfahrenen Wissenschaftlern und Fachleuten aus dem Bereich Klima und verwandten Bereichen hat die Ehre, die beigefügte Europäische Klimaerklärung an Ihre Exzellenz zu richten, für die die Unterzeichner dieses Schreibens die nationalen Botschafter sind.
Die allgemein verbreiteten Klimamodelle, auf denen die internationale Politik derzeit beruht, sind für ihren Zweck nicht geeignet. Daher ist es grausam und unklug, die Verschwendung von Billionen auf der Grundlage der Ergebnisse solcher unreifen Modelle zu befürworten. Die derzeitige Klimapolitik untergräbt das Wirtschaftssystem sinnlos und schwer und gefährdet Leben in Ländern, denen der Zugang zu bezahlbarem, kontinuierlichem Strom verwehrt ist.
Wir fordern Sie dringend auf, eine Klimapolitik zu verfolgen, die auf solider Wissenschaft, realistischer Wirtschaftlichkeit und ernsthafter Sorge um diejenigen beruht, die durch kostspielige, aber unnötige Minderungsversuche geschädigt werden.
Wir bitten Sie, die Erklärung auf die Tagesordnung Ihrer bevorstehenden New Yorker Tagung zu setzen.
Wir laden Sie auch ein, mit uns ein konstruktives hochrangiges Treffen von Wissenschaftlern von Weltrang auf beiden Seiten der Klimadebatte zu Beginn von 2020 zu organisieren. Das Treffen wird dem gesunden und uralten Prinzip der Wissenschaft und der natürlichen Gerechtigkeit Rechnung tragen, dass beide Seiten vollständig und fair angehört werden sollten. Audiatur et altera pars!
Bitte teilen Sie uns Ihre Meinung zu einem solchen gemeinsamen Treffen mit.
Mit freundlichen Grüßen Botschafter der Europäischen Klimaerklärung
Professor Guus Berkhout Niederlande
Professor Richard Lindzen USA
Professor Reynald Du Berger Französisch Kanada
Professor Ingemar Nordin Schweden
Terry Dunleavy Neuseeland
Jim O’Brien Rep. Von Irland
Viv Forbes Australien
Professor Alberto Prestininzi Italien
Professor Jeffrey Foss Englisch Kanada
Professor Benoît Rittaud Frankreich
Morten Jødal Norwegen
Professor Fritz Vahrenholt Deutschland
Rob Lemeire Belgien
Der Viscount Monckton von Brenchley UK
Umstrittenes "Klimaschutzprogramm 2030"
Der 20. September 2019 sollte nach der Ankündigung der Bundeskanzlerin der Tag werden, an dem die Bundesregierung in der Klimapolitik Handlungsfähigkeit beweisen wollte. Denn die Bundesrepublik wird ihre Ziele in der Klimapolitik deutlich verfehlen: Für das kommende Jahr sollten die Emissionen von schädlichen Klimagasen im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent sinken, nach offiziellen Schätzungen werden aber nur 32 Prozent erreicht. Damit wird auch das Erreichen des Ziels für das Jahr 2030 immer unwahrscheinlicher.
Die Bundesregierung steht also unter selbstgemachtem Handlungszwang. Zusätzlich sorgen die jüngsten Wahlerfolge der Grünen und die Fridays-for Future-Bewegung für politischen Druck. Außerdem wollte die Kanzlerin zur Ende September stattfindenden Klimakonferenz in New York nicht mit leeren Händen anreisen.
Pünktlich legte die Bundesregierung deshalb ein 22-seitiges Eckpunktepapier vor, in dem sie darlegt, wie Deutschland das Klimaschutzziel 2030 erreicht: 55 Prozent Treibhausgase weniger im Vergleich zu 1990. Damit will Angela Merkel in New York punkten und ihren Nimbus als Klimakanzlerin verteidigen.
Doch mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung dieses Ziel erreichen? Dazu verrät sie in dem Eckpunktepapier: Die Autofahrer und Hausbesitzer sollen für den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) künftig einen Preis bezahlen. Diesen wird die Politik festlegen. Dies ist der Kernbotschaft des Klimaschutzprogramms 2030.
Beschleunigung von Infrastrukturinvestitionen
Ralph Brinkhaus, Chef der CDU-Fraktion im Bundestag, will die Klagemöglichkeiten von Bürgern und Umweltverbänden gegen Infrastrukturprojekte einschränken. „Wir können nicht jeden einzelnen Bürgerbelang vor das Gemeinwohl stellen“, sagte er Mitte September 2019 gegenüber der Presse.
Er wolle „keinem Bürger das Recht nehmen“ zu klagen. „Aber ich will verhindern, dass ein Projekt durch überlange Verfahren praktisch lahmgelegt wird“, so der CDU-Politiker weiter. Man solle „mit neuem Blick noch mal schauen, wo und wie man Verfahren straffen und beschleunigen“ könne. Er habe „hohen Respekt vor Artenschutz“, aber bei den Vorschriften zum Naturschutz habe er „das Gefühl, dass die Verhältnismäßigkeit nicht mehr zu stimmen scheint. Da sind wir vielleicht aus der Balance geraten“.
Nach diesem Vorstoß legten fünf CDU-Politiker, darunter der Generalsekretär Paul Ziemiak und MIT-Chef Carsten Linnemann, einen 11-Punkte-Plan vor, um „nationale Infrastrukturprojekte zu beschleunigen“. Zur Beschleunigung sollen das Klagerecht von Umweltverbänden eingeschränkt, das Personal in Behörden aufgestockt und Bürger besser beteiligt werden.
Politische Klimaforschung
Der Zielwert in der Klimapolitik, wonach die Erderwärmung „möglichst“ nicht über 1,5 Grad steigen soll, ist vielen bekannt. Interessierte wissen auch, dass zur Erreichung dieses Ziels die Emission von Treibhausgasen, insbesondere von Kohlendioxid (CO2), gedrosselt werden soll. Aber nur wenige können sagen, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dem 1,5-Grad-Ziel geführt haben und wie das Ziel erreicht werden soll. Gleichwohl dient das 1,5-Grad-Ziel der Politik als Legitimation für einen gesellschaftlichen Transformationsprozess, der die Energieversorgung, die Mobilität und die Wärmegewinnung in Deutschland tiefgreifend verändern soll.
Wenn politische Entscheidungen auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse gestützt werden, sollten diese wissenschaftlichen Maßstäben standhalten. Es gibt aber gute Gründe für die Annahme, dass dies bei dem 1,5-Grad-Ziel für die Erderwärmung nicht der Fall ist.
Europäische Populisten
„In Europa geht ein Gespenst um“ lautete die Schlagzeile in einer 2016 erschienenen Sonderausgabe des Journal of Democracy. Gemeint war die Zunahme populistischer Parteien in Europa. Damals gab es insgesamt 22 solcher Parteien, die man vorsichtig als „Herausforderer der liberalen Demokratie“ bezeichnete.
Glaubt man den deutschen Medien, dann ist die Gruppe populistischer Parteien mit der Wahl von Boris Johnson zum britischen Premierminister weiter gewachsen. Viele sehen ihn in einer Linie mit Trump in Amerika, Orbán in Ungarn oder Salvini in Italien. In der Tat gibt es Gemeinsamkeiten: die überzogene Kritik an der EU, die Missachtung politischer Standards und die Berufung auf die wahren Interessen des „Volkes“.
Doch ist bei der Verwendung des Begriffs „Populismus“ Vorsicht am Platz. Schon Ralf Dahrendorf wusste, dass die „Grenze zwischen Demokratie und Populismus, Wahlkampfdebatte und Demagogie, Diskussion und Verführung nicht immer leicht zu ziehen ist“.
Führungswechsel in Europa
Europa erlebte im Juli 2019 einen überraschenden Führungswechsel: Ursula von der Leyen wurde auf Vorschlag des Europäischen Rates zur EU-Kommissionspräsidentin gewählt. Außerdem verständigten sich die Euro-Staaten darauf, dass Christine Lagarde die nächste Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) sein soll. Damit führen erstmalig zwei Frauen die beiden wichtigsten Institutionen in Europa.
Beide Personalvorschläge stammten vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der sich damit im Europäischen Rat auch durchsetzen konnte. Ohne Chancen war der von Angela Merkel für den Posten des Kommissionspräsidenten vorgesehene Manfred Weber, Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP), weil er von Macron als „nicht geeignet“ bezeichnet wurde. Auch Jens Weidmann, der derzeitige Präsidenten der Deutschen Bundesbank und nach allgemeiner Meinung für das Amt des EZB-Präsidenten bestens geeignet, blieb unberücksichtigt, weil Merkel ihn nicht vorgeschlagen hatte.
Lagarde verfügt als frühere Finanzministerin und derzeitige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) bereits über internationale Erfahrungen in der Finanz- und Geldpolitik. Demgegenüber muss sich Ursula von der Leyen, die bisher nur in Deutschland als Familien-, Sozial- und Verteidigungsministerin tätig gewesen ist, mit ihrem neuen Amt erst vertraut machen. Denn die Europäische Union (EU) ist in erster Linie eine 28 Staaten umfassende Wirtschaftsgemeinschaft. Es gibt jedoch keinen Zweifel, dass sie für die neue Herausforderung geeignet ist.
Die Frage ist jedoch, in welche Richtung von der Leyen die EU und Lagarde die EZB zukünftig führen werden.
Matteo Salvini
Matteo Salvini ist Innenminister in der 65. italienischen Regierung, die am 1. Juni 2018 gebildet wurde. Träger dieser Regierung sind die „Fünf-Sterne-Bewegung“ und die „Lega Nord“ (Lega), der Salvini angehört.
Für den italienischen Innenminister, den seine Anhänger „Capitano“ rufen, läuft es gerade prächtig. Ausgerechnet die deutschen NGOs sind sein bestes Propagandainstrument. Jedes Rettungsschiff voller Flüchtlinge, das Italien ansteuert, macht ihn noch populärer. Jetzt steht seine Lega schon bei 40 Prozent, die Tendenz ist steigend.
Denn die Bilder der NGO-Schiffe sind enorm mächtig: ein einlaufendes Boot mit Schwarzen an Bord, dichtgedrängt an der Reeling. Das sind die Bilder der „Invasion“, der „Islamisierung“ Italiens. Sie sind die alles beherrschende Botschaft, die Salvini für sich nutzt.
Für Salvini ist dieser Sommer ein Triumphzug, der auch die Richterin Alessandra Valla nach der Freilassung der „Sea-Watch-3“-Kapitänin Carola Rackete nicht verschonte. Salvinis drei Millionen Follower wussten, was zu tun war. Die Richterin Valla musste ihre Facebook-Seiten schließen, weil sie mit Mord- und Vergewaltigungsdrohungen zugeschüttet wurde. Wie jeder, der sich den entfesselten Salvini-Fans entgegenstellt.