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Interview des ntv mit Stephan Russ-Mohl über den Klimaschutz
25.05.2024 22:37 (133 x gelesen)

Interview des ntv mit Stephan Russ-Mohl
zur Berichterstattung über Klimaschutz

vom 23.05.2024

In einem Interview mit „ntv“ vom 23.05.2024 kritisiert der renommierte Schweizer Medienforscher Stephan Russ-Mohl die Berichterstattung der Medien über den Klimaschutz. Die Menschen fühlen sich abgehängt, verschaukelt oder bevormundet. Statt ihnen den komplexen Sachverhalt verständlich und objektiv zu erklären, werde das Thema im Kampf um Aufmerksamkeit dramatisiert und zugespitzt. Doch „irgendwann merken die Medienkonsumenten, dass sie ständig mit Weltuntergangsszenarien konfrontiert werden, die Welt aber nicht untergeht“.
Nachfolgend wird das Interview in Auszügen wiedergegeben:

ntv: Wenn Sie Medien eine Schulnote geben müssten, welche wäre das?

Stephan Russ-Mohl: Seriös kann man diese Frage nicht beantworten, weil jedes Medium eingebunden ist in einen Kontext, generell aber eher eine schlechte. Damit meine ich nicht unbedingt Sie, das gilt für viele hochseriöse Medien wie die „Süddeutsche Zeitung“, den Spiegel oder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wissenschaftsredakteure sind in den meisten Redaktionen rar geworden. Aber wenn man mit Themen wie Covid umgehen muss oder Kernenergie, ist Expertenwissen nötig, um korrekt zu informieren.

ntv: Ein häufiger Vorwurf ist, dass in vielen Redaktionen Menschen sitzen, die sich eher bei Grünen und Linken verorten, also „linksgrün versifft“ sind. Halten Sie das ebenfalls für ein Problem?

Stephan Russ-Mohl: „Versifft“ ist nicht mein Sprachgebrauch, aber das ist keine Meinung, das wissen wir aus Umfragen. Diese zeigen sehr deutlich, dass es bei den etablierten Medien eine kulturelle Hegemonie im linksgrünen Bereich gibt. Unter den Nachwuchsjournalisten der ARD ist so gut wie niemand CDU, CSU oder FDP zugeneigt. Als Medienbeobachter, der sich immer noch relativ intensiv mit Journalismus beschäftigt, muss ich sagen: Das ist ein gewisses Problem.

ntv: Gilt das nur für die Besetzung der Redaktion oder auch für die Beiträge, die anschließend entstehen? Man kann ja argumentieren: Die Leute sind Profis und trotz ihrer linksgrünen Neigung in der Lage, fair über andere Parteien zu berichten.

Stephan Russ-Mohl: Das ist möglich, aber nicht unbedingt wahrscheinlich. Ich selbst habe als damals aktiver Juso im Journalismus angefangen. Das haben einige Leute beim Bayerischen Rundfunk schnell gemerkt und sich beschwert. Das hat bei mir einen Lernprozess ausgelöst: Man sollte die Hörerinnen und Hörer nicht bevormunden oder missionieren, sondern ehrlich und redlich versuchen, die verschiedenen Seiten darzustellen. Aber das ist ein Prozess von Professionalisierung, der heute zu kurz kommt. Wir haben zu viele „Haltungsjournalisten“, die meinen, dass sie für Klimaschutz, die Ukraine, Israel oder – im Moment wahrscheinlicher – für Palästina Partei ergreifen müssen.

ntv: Das bekannteste Medienhaus in Deutschland ist allerding der Springer-Verlag. Dessen Zeitungen und Onlineportale sind bekannterweise eher konservativ und stehen dazu.

Stephan Russ-Mohl: Für mich ist das Haus Springer immer eine Ausnahme von der Regel gewesen. Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und bei fast allen anderen etablierten Print- und inzwischen auch Onlinemedien findet man diese kulturelle Hegemonie im linkgrünen Bereich. Selbst die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ist ein ganzes Stück nach links gewandert und unter Frau Merkel auch die CDU deutlich weiter als früher.

ntv: Aber wie macht man das denn? Der Klimawandel wird ärgerlicherweise gerne als „grünes“ Thema abgetan. Dabei ist es ein Wissenschaftsthema, in dem sich eine sehr große Mehrheit der Wissenschaft einig ist.

Stephan Russ-Mohl: Das Kernproblem ist, dass die Wissenschaftskommunikation nicht richtig funktioniert. Anstrengungen gibt es viele. In den Redaktionen selbst fehlt es aber an Wissenschaftsjournalisten, die diese Meldungen aufnehmen und halbwegs sachkompetent weiterverarbeiten. Und falls das doch passiert, erreichen Sie vermutlich nicht das breite Publikum, sondern Hörerinnen und Hörer, die ein Stück weit in ihrer Blase sitzen.

ntv: Und wie bringt man diese Blase zum Platzen? Sobald Begriffe wie Klim, CO2-Emissionen oder das 1,5-Grad-Ziel in der Überschrift stehen, schalten die Leute erfahrungsgemäß um oder ab.

Stephan Russ-Mohl: Das sollte uns nicht allzu sehr verwundern, denn wir haben in der Öffentlichkeit so etwas wie eine Aufmerksamkeitskonjunktur. Ich kann mich daran erinnern, dass Wissenschaftler in meinem Fach anfangs diskutiert haben, warum es vollkommen unmöglich sein wird, das Klimaproblem zu einem journalistischen und politischen Thema zu machen: Es ist zu diffus und zu komplex und man muss die USA und China an einen Tisch holen, sonst kann man es nicht lösen. Vor diesem Hintergrundsollten wir uns eher wundern, wie stark es gelungen ist, das Klimathema in die Öffentlichkeit zu bringen.

ntv: Wir haben in den Bereichen Klimawandel, Energiewende und Klimaschutz bereits mehr geschafft, als erwartet?

Stephan Russ-Mohl: Ja. Wobei dieses „mehr“ auch damit zu tun hat, dass Journalisten im Kampf um Aufmerksamkeit dramatisieren und zuspitzen müssen, um gegen die Konkurrenz zu bestehen. Irgendwann merken die Medienkonsumenten aber, dass sie ständig mit Weltuntergangsszenarien konfrontiert werden, die Welt aber gar nicht untergeht. Dann entsteht das Glaubwürdigkeitsproblem, in dem wir seit einigen Jahren stecken. Aus dem kann man sich am eigenen Schopf wahrscheinlich nicht mehr herausziehen. Man muss damit leben, dass die Menschen dem Journalismus weniger Glauben schenken.
 


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