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Soziale Marktwirtschaft : Roland Koch, Wirtschaftsministerium in der Tradition von Ludwig Erhard
16.05.2025 18:24 (51 x gelesen)

Roland Koch, Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung e.V.

Wirtschaftsministerium in der Tradition von Ludwig Erhard – Eine Herausforderung

In diesen Tagen wird viel über die Rolle des Bundeswirtschaftsministeriums diskutiert. In den letzten Jahren entwickelte es sich zu einem Patchwork-Ministerium, das neben seinen traditionellen Aufgaben auch Themen wie Klimaschutz –Subventionstöpfe inklusive –, den Klima-Transformations-Fonds oder auch die Weltraumforschung in seinen Mauern hatte.

Mit den ersten Entscheidungen der neuen Bundesregierung kommt wieder mehr Ordnung und Fokussierung in die Aufgaben der Ministerien. Das Innenministerium ist wieder auf die Sicherheit konzentriert, das Forschungsministerium auf Wissenschaft und Innovation, das neue Digitalministerium vereint die vielen Stiefkinder aus verschiedenen Ministerien endlich in einem schlagkräftigen und einflussreichen Ressort.  

Katharina Reiche wird das Wirtschaftsministerium mit den klassischen Kernaufgaben von Mittelstand bis Außenhandel übernehmen. Sicherlich wird sie zunächst die meiste Arbeitszeit auf die weiterhin zum Ressort gehörende Energiepolitik verwenden müssen. Seit Ludwig Erhards Zeiten hat das Ministerium schon allein bei der Namensgebung eine wechselvolle Geschichte. Eine Aufgabe bleibt trotz aller Wirren und Verschiebungen aber gleich: Grundsatzfragen der wirtschaftlichen Ordnung gehören ins Bundeswirtschaftsministerium! Ministerin Reiche hat zu Recht gesagt, sie sei nicht Ludwig Erhard. Aber nicht nur die Anhänger Ludwig Erhards verbinden mit diesem Ministerium immer noch große Erwartungen und Emotionen.

Das „ordnungspolitische Gewissen“

Die Bezeichnung als „ordnungspolitisches Gewissen der Bundesregierung“ ist mehr als ein wohlklingender Ehrentitel. Sie verweist auf eine historische Verantwortung, die tief in der deutschen Nachkriegsgeschichte, in der Tradition der Sozialen Marktwirtschaft und in der Person Ludwig Erhards verwurzelt ist. Zugleich stellt sie heute eine Herausforderung dar – in Zeiten, in denen wirtschaftspolitische Entscheidungen zunehmend kurzfristigen Krisen und politischen Kompromissen folgen. Der Begriff „ordnungspolitisches Gewissen“ war und ist Ausdruck des Anspruchs, dass das Bundeswirtschaftsministerium nicht nur konjunkturpolitische Maßnahmen verwaltet, sondern eine grundsätzliche Verantwortung für die Bewahrung des wirtschaftlichen Ordnungsrahmens trägt.  

Insbesondere diese Vorstellung bleibt untrennbar mit dem ersten Wirtschaftsminister der Bundesrepublik und späteren Bundeskanzler Ludwig Erhard verbunden. Erhard war kein Theoretiker, sondern ein politischer Praktiker mit ökonomischem Sachverstand. Als wirtschaftspolitischer Architekt der Sozialen Marktwirtschaft stand er den Ideen von Denkern wie Walter Eucken, Franz Böhm und Alfred Müller-Armack nahe. Ihre Ordnungsökonomik zeigt: Der Markt, der Freiheit und Wohlstand sichert, braucht eine zurückhaltende, aber konsequente staatliche Rahmensetzung. Sie muss Wettbewerb sichern und schützen, Monopole begrenzen und wirtschaftliche Macht kontrollieren. Diese Rahmensetzung – und nicht etwa staatliche Detailsteuerung – ist Aufgabe der Ordnungspolitik. Ordnungsökonomie benennt das Konzept, das die freien Mitspieler des wirtschaftlichen Lebens zu einem gemeinsamen wirtschaftlichen Prozess zusammenführt. 

Aber, wie Erhard immer wieder betonte, der Staat ist – bildlich gesprochen –, in diesem Spiel lediglich Schiedsrichter und kein Mitspieler. Natürlich beeinflusst die Regierungspolitik über die Steuerpolitik oder konjunkturelle Impulse den Wirtschaftsprozess. Aber die Erwartung ist, sich dabei von den Versuchungen der Detailsteuerung fernzuhalten. In diesem Verständnis werden dann die Prioritäten guter Wirtschaftspolitik deutlich: Schutz des Wettbewerbs (Kartellverbot, Fusionskontrolle), Eigentumsgarantie bei gleichzeitiger Sozialpflichtigkeit, Verhinderung wirtschaftlicher Machtballung und die Offenheit für Innovation und Marktzugang. Das Ziel ist kein gleichmäßiges Ergebnis, sondern Chancengleichheit und Leistungswettbewerb. Das Ziel ist eben keine Umverteilung mit der Ambition des Egalisierens, sondern eine soziale Absicherung derer, die an einem solchen Wettbewerb nicht in vollem Maße teilhaben können.

„Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie“

Gerade weil Erhard sich nicht als technokratischer Verwalter verstand, sondern als Verteidiger einer freiheitlichen Wirtschaftsverfassung, wurde sein Ministerium zum ordnungspolitischen Gewissen der Bundesregierung. Er war dabei öfter in den Betrieben als am Schreibtisch. Der Satz „Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie“ wird ihm zugeschrieben – und mit seinem menschenzugewandten Kommunikationsstil schuf er eine Atmosphäre des Vertrauens. Über die Verantwortlichkeit aller Akteure, seien es Unternehmer und Arbeitnehmer, Gewerkschaftsvertreter, Investoren oder Wissenschaftler, muss immer wieder gesprochen werden. Gerade wir Deutsche, die nicht zum überschäumenden Optimismus neigen, brauchen einen Antreiber, einen Mutmacher. Das Selbstbewusstsein der deutschen Wirtschaft und die Bereitschaft zu immer neuen Anstrengungen entscheiden über neue Chancen. In dieser Hinsicht wird die neue Bundeswirtschaftsministerin in der traditionellen Rolle als Motivatorin dringend gebraucht!

Die Erfahrung lehrt: Erwartungen verändern sich. In den 1970er-Jahren geriet die ordnungspolitische Orientierung unter Druck. Die Politik meinte, auf Globalisierung, Ölkrisen und Massenarbeitslosigkeit mit immer stärkerer staatlicher Einflussnahme reagieren zu müssen. So ordnungspolitisch fragwürdig dies häufig war, so geschah es doch mit großer gesellschaftlicher Zustimmung. Spätestens mit der vollen Wirkung der weltweiten Märkte, der Wiedervereinigung und einem globalen Innovationswettbewerb auf Augenhöhe traten industriepolitische und sozialpolitische Zielsetzungen weiter in den Vordergrund. Mit den immensen Subventionskulissen zur Transformation in ein klimagerechtes Wirtschaften und ideologischen Detailsteuerungen – wie dem sogenannten „Heizungsgesetz“ – fanden diese Entwicklungen in den letzten Jahren neuerliche Höhepunkte.

Die Rückkehr und Konzentration auf die klassischen Aufgaben eines Wirtschaftsministeriums ist daher gerade jetzt wichtig. Die ordnungspolitische Stimme in der Bundesregierung muss laut und deutlich zu hören sein. Und sie muss Antworten auf wichtige Fragen geben: Welcher Ordnungsrahmen trägt langfristig? Wie bleibt die Marktwirtschaft innovationsfähig und sozial? Wo droht Überregulierung? Wo untergräbt politische Zweckmäßigkeit die wirtschaftliche Freiheit?

Ohne Energie kein Markt

Die Herausforderung besteht darin, ordnungspolitische Prinzipien neu zu denken: etwa bei der Bepreisung von CO₂, beim Umgang mit globalen Digitalkonzernen oder bei der Gestaltung einer nachhaltigen Energieordnung. Dabei geht es nicht um Ideologie, sondern um Verlässlichkeit, Transparenz und langfristige Effizienz. Deshalb ist es folgerichtig, die Fragen der Energiepolitik im Wirtschaftsministerium zu betreuen. In kaum einem Feld wurde so weit von ordnungsökonomischen Prinzipien abgewichen, mit all den Konsequenzen einer instabileren Energieversorgung zu wirtschaftlich weder für Unternehmen noch für Verbraucher verkraftbaren Preisen. Im ersten Schritt steht Frau Reiche in der Energiefrage vor dem schnellen Handlungsdruck, wie Insolvenzverwalter ihn kennen. Es braucht schnelle und mutige Entscheidungen, um wieder auf Kurs zu kommen. Das wird nur gelingen, wenn es eine strategische Perspektive gibt, eine klimagerechte und sichere Energieversorgung effizient und subventionsfrei in den Markt zurückzuführen. Ohne Rückkehr zu verlässlicher und bezahlbarer Energieversorgung ist das Modell des „Wohlstand für Alle“ in Deutschland in Gefahr.

Die Bezeichnung des BMWi als „ordnungspolitisches Gewissen der Bundesregierung“ ist ein historisch gewachsenes Ideal, begründet in der Person Ludwig Erhards und seiner Sozialen Marktwirtschaft. Diese Orientierung bleibt ein unverzichtbarer Kompass: für die Sicherung wirtschaftlicher Freiheit, für die Stärkung des Wettbewerbs und für eine verlässliche wirtschaftliche Ordnung in Zeiten des Wandels. Diese Aufgaben sind mit dem Ansehen als erfolgreiche Bundeswirtschaftsministerin untrennbar verbunden. Dann aber ist es Aufgabe aller in der Bundesregierung, dieses Gewissen nicht nur zu zitieren, sondern auch darauf zu hören.
 


 

                       


 


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