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Europäische Krisen : Was bedeutet die Einigung der EU mit Trump im Zollstreit?
15.08.2025 16:46 (26 x gelesen)

Was bedeutet die Einigung der EU mit Trump im Zollstreit?

Die EU und die USA haben sich nach einem monatelangen Handelsstreit Ende Juli 2025 auf ein Grundsatzpapier geeinigt. „Das ist der größte Deal von allen“, sagte US-Präsident Donald Trump nach dem rund einstündigen Verhandlungstermin in seinem schottischen Golfresort. EU-Präsidentin Ursula von der Leyen hatte einen möglichen Deal bereits vor dem Treffen als das „wohl größte Abkommen, das jeder von uns je geschlossen hat“ bezeichnet. 

Über welche Handelsbeziehungen wurde verhandelt?

Der zentrale Verhandlungsgegenstand waren die Exporte der Europäischen Union (EU) in die Vereinigten Staaten von Amerika, der Handelsüberschuss der EU gegenüber den USA und die damit in Zusammenhang stehenden Zollfragen, über die seit Monaten zwischen der amerikanischen Regierung und der Kommission der EU gestritten wurde.

Die USA sind ein wichtiger Handelspartner für die EU, etwa 20% der EU-Exporte gehen in die USA. Im Jahr 2024 beliefen sich die EU-Exporte in die USA auf fast 532 Milliarden Euro, während die Importe aus den USA gut 333 Milliarden Euro erreichten, was zu einem Handelsüberschuss für die EU von über 198 Milliarden Euro führte. 

Indirekt drehten sich die Verhandlungen aber auch um die deutschen Exporte in die USA. Für Deutschland ist die EU der größte Handelspartner. Im Jahr 2023 gingen mehr als die Hälfte aller deutschen Exporte, etwa 847,3 Milliarden Euro, in die EU. 

Nach der EU sind die USA der wichtigste Handelspartner für Deutschland. Wichtige Exportgüter sind Maschinen, Fahrzeuge, chemische Erzeugnisse, pharmazeutische Produkte und optische Geräte. Im Jahr 2024 wurden Waren im Wert von 161,4 Milliarden Euro in die USA exportiert. Dem standen Importe aus den USA von 91,4 Milliarden Euro gegenüber, so dass sich ein Überschuss von 70 Milliarden ergab. 

Der von Donald Trump orchestrierte globale Zoll- und Handelskrieg betrifft alle Länder, die mit der USA Handel treiben, vor allem China und die Europäische Union. Als Grund dient der Trump-Regierung der Vorwurf an alle Handelspartner, sie würden den USA mit unfairen Handelspraktiken einen immensen Schaden zufügen, was an den Handelsüberschüssen abzulesen sei.  Die Vereinigten Staaten seien deshalb berechtigt, zur Wiedergutmachung mit Schutzzöllen zu reagieren. 

In den Verhandlungen mit den Handelspartnern handelt Donald Trump mit einer immer wiederkehrenden Strategie: Sein generelles Ziel ist es, die internationalen Handelsströme mit Mitteln der Zollpolitik zugunsten der USA umzuleiten – ganz nach seinem Motto „America First“. Dazu werden die Handelspartner mit willkürlichen Strafzöllen so lange eingeschüchtert, bis sie auf sein vorbereitetes Angebot eingehen. 

Was wurde mit der EU konkret vereinbart?

Die USA und die Europäische Union (EU) haben in dem Zollabkommen einen generellen Zollsatz von 15 Prozent für Warenimporte aus der EU in die USA vereinbart. Die Einfuhr von US-Produkten in die EU bleibt dagegen zollfrei. Daneben soll der prohibitive US-Zoll von 50 Prozent für die Einfuhr von Stahl und Aluminium aus der EU in die USA weiter gelten. 

Für einige strategisch wichtige Produkte - z.B. Flugzeuge, Halbleiterausrüstung, besondere Chemikalien – ist zwischen den USA und der EU ein gegenseitiger Verzicht auf Zölle vereinbart worden. Darüber hinaus hat sich die EU gegenüber den USA verpflichtet, für 750 Milliarden Dollar Energie aus den Vereinigten Staaten zu kaufen und dort Rüstungskäufe zu tätigen. Außerdem hat die EU zugesichert, bis zu 600 Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten zu investieren. 

Das Verhandlungsergebnis zwischen EU-Präsidentin von der Leyen und US-Präsidenten Donald Trump wurde unterschiedlich bewertet: Bundeskanzler Friedrich Merz begrüßte die Einigung der EU im Handelsstreit mit den USA. So könne eine unnötige Eskalation in den transatlantischen Handelsbeziehungen vermieden werden, sagte der CDU-Chef. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kritisierte dagegen das Verhandlungsergebnis zwischen der EU und den USA: „Das Übereinkommen ist ein unzureichender Kompromiss und sendet ein fatales Signal an die eng verflochtene Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks“, erklärte der Verband in Berlin. 

Was bedeutet der Zoll-Deal für die deutsche Wirtschaft? 

Wichtig ist zunächst, dass der zwischen von der Leyen und Donald Trump ausgehandelte einseitige Verzicht auf Zölle für amerikanische Einfuhren in die EU einen eklatanten Verstoß gegen das von beiden Seiten akzeptierte Regelwerk der „World Trade Organisation (WTO)“ darstellt. Die dort verankerte Meistbegünstigungsklausel schreibt vor, dass Begünstigungen, die einem bestimmten Land gewährt wurden, auch für alle anderen Länder gelten müssen. Das bedeutet, dass der vereinbarte Verzicht auf Zölle für US-Exporte in die EU rechtlich unwirksam ist. 

Da Donald Trump seine handelspolitischen Ziele auch außerhalb der Rechtsbindungen verfolgen wird, muss sich die deutsche Wirtschaft faktisch auf den ausgehandelten Zoll-Deal einstellen. Das bedeutet folgendes: 

Die deutschen Exporte in die USA unterliegen künftig einem generellen Zoll von 15 %, soweit es keine Ausnahmen davon gibt. Wenn sich dadurch das Exportvolumen und infolgedessen der Außenhandelssaldo vermindert, geht das zulasten des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP), der den Maßstab für die volkswirtschaftliche Wertschöpfung in einer bestimmten Periode darstellt. 

Die amerikanischen Zölle treffen aber nicht nur die Exporte aus Deutschland, sondern auch alle Exporte aus den anderen EU-Ländern in die USA. Die gesamte EU muss also wegen der US-Importzölle mit Wachstumsverlusten rechnen. Für Deutschland bedeutet das, dass seine Exporte in EU-Länder sinken können und damit auch sein BIP. 

In die gleiche Richtung wirkt der zwischen von der Leyen und Donald Trump vereinbarte Kauf von Energieprodukten und Rüstungsgütern in den USA, wenn und soweit Deutschland als Käufer auftritt. Die Käufe belasten als Importe die Außenhandelsbilanz und vermindern dadurch das deutsche BIP, soweit es sich nicht um Substitute handelt.

Die vereinbarten europäischen Investitionen in den USA in Höhe von bis zu 600 Mrd. Dollar stellen einen Kapitalexport dar, der das amerikanische Produktivvermögen vermehrt. Dadurch erhöht sich das Wachstumspotential in den USA, nicht aber das Vermögen, wenn und soweit die Investoren Europäer bleiben. 

Wie wirkt der Zoll-Deal auf die wichtigsten Exportsektoren?

Die wichtigsten Exportsektoren in Deutschland sind der Automobilbau, der Maschinenbau und der Chemie/Pharma-Sektor. Entsprechend ihrer Größe sind sie in besonderer Weise vom Zoll-Deal zwischen der EU und den USA betroffen. 
Im Jahr 2024 betrugen die Gesamtexporte Deutschlands in die USA 161,3 Mrd. Euro. Davon entfielen auf die wichtigsten Exportbranchen: 
•    Automobil: 36,8 Mrd. € (22,8%)
•    Chemie/Pharma: 36,4 Mrd. € (22,6%)
•    Maschinenbau: 30,0 Mrd. € (18,6%)
•    Sonstige Branchen: 58,1 Mrd. € (36,0%)

Die drei wichtigsten Branchen machen rund 64% der deutschen Warenexportwerte in die USA aus (=103,2 Mrd. € von 161,3 €). Die Wirkung der Zölle in den Sektoren ist aber verschieden, weil der Exportanteil und die Preiselastizität (Die Preiselastizität ist eine ökonomische Kennzahl, die misst, wie stark sich die Nachfrage oder das Angebot nach einem Gut verändert, wenn sich dessen Preis ändert.) unterschiedlich sind. 

Im Automobilsektor erhöht ein US-Zoll von 15% auf importierte Autos die Endpreise auf dem US-Markt erheblich – das dämpft die Nachfrage bzw. zwingt Hersteller oder den Vertrieb, Margen zu opfern. Vor allem bei den Premiummodellen aus Deutschland, die in kleinen Stückzahlen importiert werden, besteht eine hohe Preiselastizität, so dass sowohl die Zahl der Verkäufe als auch die bisherigen Margen gefährdet sind.  

Die großen Automobilproduzenten (VW, BMW, Daimler) haben allerdings eine Vielzahl von Produktionsstätten in den USA, wodurch ein Teil des negativen Exporteffektes abgemildert wird. Dennoch sind viele hochwertige Modelle und Ersatzteile weiterhin Exportgüter, die sich durch den amerikanischen Importzoll verteuern werden. 

Die Besonderheit des Sektors Chemie/Pharma besteht darin, dass er teilweise staatlich reguliert und/oder patentrechtlich geschützt ist und insoweit auf Preiserhöhungen „unelastischer“ reagiert. Auch akute lebenswichtige Medikamente werden seltener kurzfristig substituiert, d.h. durch andere ersetzt. 

Anders zu betrachten sind Vorprodukte, Spezialchemikalien und einige pharmazeutische Produkte, die auf Preiserhöhungen durch Zölle mit Kürzungen des Handelsvolumens reagieren können. Jedenfalls steigen bei Zöllen die Kosten für US-Abnehmer, so dass die Margen sinken. Um den Schaden gering zu halten, müsste die EU in den anstehenden Nachverhandlungen durchsetzen, dass  Pharmaprodukte von den Zolltarifen ausgenommen werden. 

Im Maschinenbau handelt es sich vielfach um spezialisierte Investitionsgüter mit geringer Preiselastizität – das dämpft zwar kurzfristig die Absatzreaktion, aber bei einem zu hohen Zolldruck werden sich Beschaffungsentscheidungen schnell zu Alternativlieferanten in den USA verschieben. Das wird bei deutschen Maschinenbauern zu Auftragseinbrüchen und Margenverlusten aufgrund stärkeren Wettbewerbs und verzögerten Großaufträge führen. Mittelfristig kann diese Entwicklung zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit und der Verlagerung von Industrieproduktion in die USA führen – ganz im Sinne von Trump.   

Wie wirkt sich der Zoll-Deal in den Vereinigten Staaten aus?

Donald Trump will mit seiner umfassenden Zollpolitik mehrere Ziele erreichen: 

Sein außenwirtschaftliches Ziel ist es, das Ungleichgewicht in der US- Handels- und Zahlungsbilanz zu mindern, um eine weitere Verschuldung der USA gegenüber dem Ausland, insbesondere gegenüber China, zu begrenzen. 

Gleichzeitig verfolgt Trump mit den Zöllen das fiskalische Ziel, die Ausfälle an Einnahmen, die durch sein Steuersenkungsprogramm entstehen, auszugleichen. 

Des Weiteren will Trump mit den Zöllen und weiteren Maßnahmen verhindern, dass Industrien in Billig-Ländern abwandern. Vielmehr will er ausländischen Unternehmen einen Anreiz geben, zur Vermeidung von US-Zöllen in den Vereinigten Staaten zu investieren. 

Bei dieser Kalkulation lässt Trump aber außer Betracht, dass seine Zollpolitik auch das Preisniveau in den USA nach oben verändern und einen nicht unerheblichen Beitrag zur Verstetigung der Inflation leisten wird. Darauf haben jüngst die Volkswirte der Goldman-Sachs Investmentbank hingewiesen und folgende Botschaft veröffentlicht: Die Wirkungen der Trump-Zölle würden langsam spürbar und sorgten für zusätzliche Unsicherheiten auf dem US-Anleihemarkt. Bisher hätten US-Unternehmen den Großteil der Belastung getragen, aber das stoße an seine Grenzen.

„Bald müssen die Verbraucher zwei Drittel der Last schultern. Das weiß man aus früheren Zollrunden“, sagte Jan Hatzius, Chefvolkswirts von Goldman-Sachs, voraus. Das war für Donald Trump zu viel an ehrlicher Expertise, und er forderte von Goldman-Sachs, sich unverzüglich von ihrem Chefvolkswirt zu trennen. Es stellt sich nun die spannende Frage, ob die Bank ihre Spitzenökonom Trump zuliebe opfert. 

Fazit

Die direkten und indirekten Effekte des Zoll-Deals - in Form von Unsicherheit, Lieferkettenanpassung, Wettbewerbsdruck und Strukturveränderung - werden sich erheblich auf das Wachstum der deutschen Wirtschaft auswirken. Es drohen für die nächsten Jahre spürbare Exportrückgänge, BIP-Verluste und eine wirtschaftliche Stagnation. Damit wächst in den betroffenen Branchen der Druck zur strategischen Neuausrichtung und Umverteilung der Wertschöpfung sowie zur Diversifikation im Export. 


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