top-schriftzug
blockHeaderEditIcon

Dr. Schlarmann - Mittelstand

aktuelle Informationen für den Mittelstand
block-foto-dr-schlarmann-mittelstand
blockHeaderEditIcon
Erlebte Wirtschaftspolitik : USA gegen China - Deutschland im Abseits
16.12.2025 00:09 (5 x gelesen)

USA gegen China – Deutschland im Abseits

Der Kapitalismus werde den Kommunismus zersetzen, glaubten westliche Wirtschaftspolitiker, als China im Jahr 2001 der World Trade Organisation (WTO) beitrat und sich deren Handelsregeln unterwarf. Diese Annahme war damals durchaus plausibel: Denn mit dem Dogma „Handel bringt Wandel“ hatte der Westen Ende des vorigen Jahrhunderts entscheidend zur Implosion des östlichen „realen Sozialismus“ beigetragen.

Heute wissen wir, dass der Glaube, der Kapitalismus werde überall den Kommunismus besiegen, in Bezug auf China ein Irrtum war. In keinem Land der Erde ist die produzierende Wirtschaft so stark gewachsen wie im kommunistischen China. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) für 2024 hat China die USA inzwischen überholt und ist global die Wirtschaftsmacht Nr.1. Hinter China rangieren die USA als Nr. 2. Es folgen Indien als Nr.3, Japan als Nr. 4 und Russland als Nr. 5. Deutschland ist in den letzten drei Jahrzehnten vom 3. Platz auf den 6. Platz zurückgefallen. 

China und die USA sind heute die wirtschaftlichen Kraftzentren, um die sich alle anderen Wirtschaftsnationen versammeln. Damit hat das „regelbasierte multilaterale Handelssystem“, das die WTO im Interesse aller 166 Mitgliedstaaten garantieren soll, an Bedeutung verloren. Nur noch 72 Prozent des Welthandels llaufen nach wie vor nach den Regeln der WTO, sagte die WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala auf einer Pressekonferenz. Daran wird deutlich, welchen Einfluss China und die USA inzwischen auf die globalen Handelsströme und die grenzüberschreitenden Direktinvestitionen (FDI) gewonnen haben.  
 

Anfänge des Aufstiegs 

Während sich die europäischen Demokratien in den 1980er Jahren bemühten, den europäischen Binnenmarkt zu revitalisieren, begann das kommunistische China zeitgleich mit der Liberalisierung seiner Wirtschaft. Treiber dieser Bewegung waren vor allem Personen, die unter Mao Zedong in der Kulturrevolution gelitten hatten. Die entscheidende Figur dafür war Deng Xiaoping, der die Volksrepublik China von 1979 bis 1997 regierte. 

Der Reformprozess begann damit, dass Deng im Dezember 1978 vier chinesische Regionen zu „Sonderwirtschaftszonen“ erklärte, von denen Shenzhen am Perlfluss die bekannteste war. Es gab in diesen Zonen wenig Bürokratie und erstmals konnten dort auch ausländische Unternehmen investieren. Die Sonderwirtschaftszonen waren sehr erfolgreich und fanden in China immer mehr Nachahmer. In den 1980er Jahren entwickelten sie sich zum maßgeblichen Wachstumsmotor für ganz China. Dengs Motto lautete: „Denke nicht, dass Planwirtschaft sozialistisch und Marktwirtschaft kapitalistisch ist. Beide sind nur Maßnahmen. Der Markt kann auch dem Sozialismus dienen.“ 

Deng hatte auf dem Weg zur Liberalisierung von Chinas Wirtschaft erhebliche Widerstände zu überwinden. Viele Reformen wurden von konservativen Funktionären blockiert oder stießen auf Widerstand in der Bürokratie. Außerdem führten Inflation und Korruption, die mit den Privatisierungen verbunden waren, zu großer Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Darauf beruhten unter anderem die Proteste der Studenten von 1989 auf dem Tiananmen-Platz. Es war Deng Xiaoping höchstpersönlich, der diesen Widerstand mit Hilfe von Panzern brutal niederschlagen ließ. Er bewies damit einmal mehr, dass die Partei ihre politische Vorherrschaft notfalls auch mit Gewalt gegenüber den eigenen Bürgern durchsetzt. 

Xi Jinping 

Während sich China in der Regierungszeit von Deng Xiaoping wirtschaftlich liberalisierte, kam es unter dem jetzigen Parteivorsitzenden Xi Jinping zu einem Wiedererstarken der Kommunistischen Partei Chinas. Dadurch entwickelte sich das Regime wieder in Richtung der maoistischen Autokratie: Die Presse wurde gleichgeschaltet und jegliche Opposition verboten. Die unternehmerische Tätigkeit war und ist nur erlaubt, soweit sie mit den Zielen des Regimes übereinstimmt. 

Xi Jinping stammt aus einer privilegierten chinesischen Familie. Sein Vater gehörte zur Führungselite unter Mao Zedong, bis er wegen einer unpassenden Äußerung unter Hausarrest gestellt wurde. Sein Sohn Xi wurde während der Kulturrevolution für sieben Jahre aufs Land geschickt, wo er als Landarbeiter arbeitete und in einer Höhle lebte. An seinen kommunistischen Überzeugungen änderte sich dadurch aber nichts. Im Jahr 1973 wurde Xi wieder in die Partei aufgenommen und durfte Chemieingenieurwesen studieren. 

Seine politische Karriere begann Xi als Vizebürgermeister in Xiamen in Fujian, wo er 1993 zum Gouverneur aufstieg. Im selben Jahr wurde er Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) und 2012 ihr Generalsekretär. Nur wenig später, am 14. März 2013, wählte der Nationale Volkskongress Xi Jinping zum Staatspräsidenten der Volksrepublik China. Derzeit befindet er sich in seiner dritten Amtszeit als Staatspräsident. 

Xi Jinping zeigt sich bodenständig und volksnah. Glaubt man der chinesischen Presse, so wird er von seinem Volk verehrt. Tatsächlich führt Xi das Land aber mit harter Hand. Nach 12 Jahren an der Macht ist er heute in der Partei ebenso unangefochten wie Mao Zedong oder Deng Xiaoping zu ihrer Zeit. 

Die zentralen Ziele der chinesischen Regierung unter Xi Jinping beschreibt die kommunistische Partei folgendermaßen: (1) Die von der Partei kontrollierte Marktwirtschaft dient dem Wohlstand aller Chinesen. (2) Die politische Macht liegt bei der Partei und ihren Funktionären. (3) Die Partei wird alles tun, um das Land der Mitte in alter Größe wieder herzustellen. 

Das sind nicht nur Worte, sondern die Partei kann auch Ergebnisse vorweisen: Laut Weltbank ist es ihr gelungen, die Zahl der Chinesen in extremer Armut von 770 Millionen Chinesen im Jahr 1978 auf sechs Millionen bis 2019 zu verringern. Von 2013 bis 2020, also unter Xi Jinping, stieg das verfügbare Einkommen der Stadtbewohner um 66 Prozent und auf dem Land um 82 Prozent. Das ist der Grund, weshalb sich immer mehr Chinesen ein Auto leisten können. China hat in den letzten Jahrzehnten zudem massiv in den Ausbau der Infrastruktur investiert und besitzt eines der modernsten Verkehrsnetze.  Selbst in der Raumfahrt hat China aufgeholt: 2013 und 2019 setzte das Land Roboter auf dem Mond ab, welche die dunkle Seite des Trabanten erforschen sollten. 

Inzwischen hat Xi Jinping von der Partei den Titel „Steuermann“ erhalten, der bisher dem Republikgründer Mao Tse-tung vorbehalten war. Außerdem hat das Zentralkomitee im November 2021 eine „Resolution über die großen Erfolge und historischen Erfahrungen“ der Partei verabschiedet. Ihre besondere Bedeutung liegt darin, dass es seit Gründung der Partei erst zwei solcher Resolutionen gegeben hat, mit denen Mao Zedong und Deng Xiaoping ihre Führungsposition festigten. 

Der neue Beschluss erhebt Xi Jinping nicht nur zum Begründer einer neuen historischen Ära, sondern auch zum Vordenker einer eigenen „innovativen Philosophie“ für den Marxismus des 21. Jahrhunderts. Der Systemwettbewerb mit dem Westen und die Gründe für den Zusammenbruch der Sowjetunion spielen dabei eine wichtige Rolle. Schon in seiner ersten Rede als Parteichef sagte Xi dazu: „Ein wichtiger Grund war, dass (die Parteiführer in Moskau) von ihren Idealen und Überzeugungen abgefallen sind. Am Ende war keiner Manns genug, um aufzustehen und dagegenzuhalten.“ 

Über die Ursachen des sowjetischen Niedergangs, der in der Partei Chinas einen Schock auslöste, gab es ursprünglich in Peking zwei Denkschulen: Bis 2008 war die Sichtweise dominant, dass die Regime des Ostblocks gestürzt wurden, weil sie sich zu lange weigert hatte, ihre erstarrten Systeme zu reformieren. Daraus wurde der Schluss gezogen, dass China eine von der Partei gesteuerte Liberalisierung benötigte, um die Flexibilität des Systems zu erhalten.

Eine zweite Denkschule, die sich nach 2008 durchsetzte, betrachtet die Liberalisierung hingegen als eine abschüssige Bahn, in deren Folge die Partei unweigerlich die Kontrolle verlieren werde. Das sei in Moskau geschehen, und das drohe auch der Kommunistischen Partei in China, wenn sie die Zügel nicht fest anzieht. Dieser Denkschule gehört Xi Jinping an. 

Donald Trump

Der Gegenspieler von Xi Jinping auf der anderen Seite des Pazifiks ist US-Präsident Donald Trump, der ebenfalls den Ehrgeiz hat, sein Land reicher und größer zu machen. In der Öffentlichkeit führt sich dabei auch Trump als der Anwalt des „kleinen Mannes“ auf. Es ist vor allem sein politisches Narrativ „Make America Great Again“ (MAGA), mit dem er viele einfache Amerikaner erreicht hat.

Trump ist gleichzeitig eine der schillerndsten und umstrittensten Personen, die auf der politischen Bühne agieren. Das hat viel mit seinem Selbstbewusstsein zu tun: Trump inszeniert sich gern als Gewinner, der durch „starken Willen“ Probleme lösen kann. Vor allem bei öffentlichen Auftritten versucht er, Stärke und Entschlossenheit zu verkörpern. 

Donald Trump wurde am 14. Juni 1946 in Queens, New York, geboren. Er hat an der „University of Pennsylvania“ studiert und dort den Abschluss in Wirtschaft gemacht. Anschließend arbeitete er als Unternehmer und Bauträger. Trotz Selbstinszenierung als erfolgreicher Geschäftsmann geriet sein Unternehmen durch die Insolvenz von Casinos mehrfach in finanzielle Schieflage. Die Höhe seines Vermögens ist umstritten. 

Landesweit bekannt wurde Trump als Reality-TV-Star in der Sendung „The Apprentice“ und durch Immobilienprojekte wie den „Trump Tower“ in New York. Außerdem war sein Privatleben (dreimal verheiratet) oft Gegenstand medialer Berichterstattung. 

Trump versteht es, mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen und soziale Medien für seine Zwecke zu nutzen. Seine Sprache ist einfach, emotional aufgeladen und für ein einfaches Publikum bestimmt. Um direkt mit seinen Anhängern zu kommunizieren und Gegner zu attackieren, nutzt er intensiv seine eigene Internet-Plattform „Truth Social“.  

Kennzeichnend für Trumps Politik ist, dass er politische Fragen durch die Brille eines Geschäftsmanns sieht: Verhandlungen führt er mit dem Ziel zu „gewinnen“, und Vereinbarungen trifft er oft unter dem Aspekt von „deals“. Trump hält sich selten an politische oder diplomatische Konventionen. Für den normalen Politikbetrieb ist das ungewöhnlich und führt häufig zu Irritationen.

Konflikten und Streitigkeiten geht Trump nicht aus dem Weg: Er ist bekannt für seine provozierende und konfrontative Rhetorik, sowohl gegenüber politischen Gegnern als auch gegenüber internationalen Partnern und sogar gegenüber Mitgliedern seiner eigenen Partei. Beleidigungen, Spitznamen für politische Gegner und offene Provokationen sind Teil seines Stils. Er nutzt solche Auseinandersetzungen oft strategisch, und viele seiner Entscheidungen und Aussagen überraschen selbst erfahrene Politiker. 

Trumps Staatsverständnis wird durch eine starke und handlungsfähige Exekutive geprägt, an deren Spitze er sich selbst sieht. Damit einher geht ein autoritär geprägtes Verständnis von Präsidentschaft. Das verbindet ihn mit Xi Jinping. 

Chinas Wirtschaft

Chinas Wirtschaft boomt. Der „International Monetary Fund (IMF)“ rechnet in diesem Jahr trotz der Immobilienkrise in China mit einem Wirtschaftswachstum von 5 Prozent. Die wichtigsten Treiber des chinesischen Wachstums sind die staatlichen Infrastrukturinvestitionen, der Export und die ausländischen Direktinvestitionen (FDI), nicht aber der private Konsum, der in China nicht steigt, sondern sogar sinkt. 

Ein wesentlicher Grund für die rückläufige Konsumnachfrage ist die Immobilienkrise, die zur Verunsicherung der Bevölkerung und zu erheblichen Vermögenseinbußen geführt hat. Infolgedessen sparen die Chinesen mehr und konsumieren weniger, so dass einem starken Angebot von Gütern eine schwache Nachfrage im Inland gegenübersteht. China hat deshalb kein Inflationsproblem wie die USA oder Europa, sondern es befindet sich in einer Deflation mit sinkenden Erzeugerpreisen. Das fördert den Export. 

Bei den Erzeugerpreisen, die chinesische Hersteller für ihre Produkte fordern, ergibt sich zum Beispiel zwischen Deutschland und China eine Differenz von etwa 30 Prozent. Um international einen fairen Wettbewerb herbeizuführen, müsste die chinesische Währung „Renminbi (RMB)“ deshalb um diesen Prozentsatz aufgewertet werden. Von vielen Seiten wird China darum auch aufgefordert, gegen die Schwäche seiner Währung vorzugehen. Denn eine schwache Währung hilft dem Export, weil in China hergestellte Waren für das Ausland günstiger werden, und behindert den Import, weil im Ausland hergestellte Waren für Chinesen teurer werden. Die IWF-Chefin Kristalina Georgiewa warnte bereits: „Wenn Chinas Wirtschaftswachstum weiter so abhängig von Exporten bleibt, steigt das Risiko, dass sich die globalen Handelskonflikte weiter verschärfen.“ 

Hier verweigert sich jedoch die chinesische Regierung, so dass Chinas Handelsüberschuss mit dem Ausland immer weiterwächst, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Ende November 2025 hat er die Schwelle von einer Billion Dollar bereits übersprungen und damit das Niveau aus dem Vorjahr deutlich übertroffen. Der Grund für diesen Exportboom ist die Unterbewertung der chinesischen Währung gegenüber dem Dollar und dem Euro. Dadurch werden Einkäufe in China billiger. 

Unter marktwirtschaftlichen Bedingungen führt ein Exportüberschuss dazu, dass die Währung des Exportlandes aufgewertet wird. Die Exporteure tauschen nämlich die Exporterlöse in heimische Währung, wodurch die Nachfrage nach dieser Währung steigt und sich ihr Wert erhöht. Für den Renminbi gilt dieser Mechanismus aber nicht, weil es in China eine starke Kapitalflucht gibt: Viele Chinesen misstrauen den Behörden und bringen ihr Geld in Sicherheit. Außerdem steuert Chinas Zentralbank den Wechselkurs, wobei sie sich am Dollar orientiert. Das benachteiligt die USA und vor allem die Europäische Union, weil der Euro auch zum Dollar aufgewertet hat. 

Technologietransfer 

Die USA und Europa haben China bei seinem wirtschaftlichen Aufstieg enorm geholfen. Den Anschluss an technische Schlüsselbereiche wie Mikrochips und Künstliche Intelligenz hätte China ohne den Technologietransfer aus den USA keineswegs so schnell geschafft. Und Deutschland hat durch Direktinvestitionen dafür gesorgt, dass in China viele neue Produktionskapazitäten geschaffen wurden. 

Apple mit seinen attraktiven Neuerungen ist ein Paradebeispiel dafür, wie schnell westliche Technologie sich im chinesischen Markt festsetzen und dem Mutterkonzern in den USA über Jahre hinweg zu phantastischen Gewinnen verhelfen konnte. Das entscheidende Mittel dazu war das sogenannte „Contract Manufacturing“, also die Herstellung von Apple-Produkten durch Unternehmen in China, welche nicht zum Konzern gehören, aber nach dessen Anweisungen produzieren. 

Dabei zeigte sich jedoch, dass Apple die Abwanderung von Know-how und von Produktionskapazitäten nach China eines Tages nicht mehr stoppen konnte und so in eine fatale Abhängigkeit von Peking geriet. Entgegen der Theorie vom „Wandel durch Handel“ wurde Apple so - ohne es zu merken - zum unfreiwilligen Steigbügelhalter für eine künftige chinesische Vorherrschaft in den neuen Technologien. 

Heute noch werden wichtige Teile aller Apple-Chips im kalifornischen Silicon Valley entwickelt und von dem Unternehmen TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company) auf der Insel Taiwan hergestellt, das Peking als Teil von China betrachtet. Eine Blockade oder Aggression Chinas gegen Taiwan würde bedeuten, dass auch TSMC endgültig chinesisch würde.  

Nvidia ist ein weiteres Beispiel für den Transfer von westlichem „know-how“ nach China. Nvidia ist ein börsennotiertes Unternehmen, das der taiwanisch-amerikanische Unternehmer Jensen Huang aufgebaut hat. Das Unternehmen ist inzwischen für die Künstliche Intelligenz (KI) der größte und wichtigste Computerchip-Hersteller. 

Von Anbeginn an sollte China der größte Abnehmer für Nvidia-Produkte werden. Für den Marktzugang zum chinesischen Festland musste Nvidia allerdings Technologien dorthin verlegen. Als die US-Präsidenten Biden und Trump dem Unternehmen aus Gründen der nationalen Sicherheit verboten, seine Spitzentechnologie auch für Rüstungszwecke nach China zu transferieren, ordnete Peking an, dass einheimische Unternehmen primär chinesische KI-Technologie anzuwenden haben. 

Peking verfolgte damit das Ziel, die KI-Technologie in China weiterzuentwickeln – und zwar auch mit von Nvidia abgeworbenen Spezialisten. Das Unternehmen kann zwar weiterhin Produkte in China verkaufen, sein bislang größter Markt wird aber von dem US-Verbot einerseits und den chinesischen Gegenmaßnahmen andererseits mehr und mehr eingeschnürt.   

Inzwischen hat die chinesische Regierung ein großzügiges Förderprogramm für den Bau von Rechenzentren mit Chips chinesischer Bauart gestartet. Damit sollen chinesische KI-Chips zu billiger Massenware gemacht werden, um den technischen Vorsprung der USA aufzuholen. Bei den KI-Modellen droht sich deshalb zu wiederholen, was den Chinesen bei Stahl, Solarzellen und E-Auto-Batterien bereits gelungen ist: Erst fluten sie den Markt mit staatlich subventionierten Billigprodukten und zerstören damit die westliche Konkurrenz, um anschließend mit den von ihnen aufgebauten Monopolen Abhängigkeiten zu schaffen.  

Direktinvestitionen (FDI)

Finanzielle Direktinvestitionen (FDI) sind internationale Investitionen, die ein Investor tätigt, um eine langfristige Beteiligung an einem im Ausland ansässigen Unternehmen zu erwerben. Ausländische Direktinvestitionen gelten als gewichtige Indikatoren der wirtschaftlichen Attraktivität eines Standortes für ausländische Investoren. 

Im Januar 2024 machte der Kapitalbestand deutscher Direktinvestitionen (FDI) in den USA rund 506,2 Milliarden US-Dollar aus. Im Vergleich zum Vorjahr 2023 hat sich der Kapitalbestand um etwa 40 Milliarden US-Dollar erhöht. Die deutschen Investitionen in den USA werden größtenteils in das verarbeitende Gewerbe getätigt. Demgegenüber betrug der Kapitalbestand US-amerikanischer Direktinvestitionen in Deutschland im Jahr 2024 nur rund 226,8 Milliarden US-Dollar. Die Gelder wurden weitgehend in Nichtbanken investiert. 

Die deutschen Direktinvestitionen in China sind ebenfalls deutlich gestiegen, insbesondere durch hohe Reinvestitionen von Gewinnen in den Jahren 2021-2023. Der Kapitalbestand solcher Direktinvestitionen lag 2022 bei über 100 Mrd. Euro. Diese Investitionen in China wurden zwar von Teilen der deutschen Politik kritisiert, diese Kritik verhinderte aber nicht weitere Investitionen und Verlagerungen nach China. Der Grund dafür sind die fehlenden Reformen in Deutschland, um die bestehenden Standortnachteile zu beseitigen. 

Volkswagen (VW) ist dafür ein prominentes Beispiel. Das Unternehmen ist seit über 40 Jahren mit seinen zahlreichen Produktionsstätten und Joint Ventures ein wichtiger Akteur in China. Darüber hinaus hat das Unternehmen den ehrgeizigen Plan, seinen globalen Marktanteil durch eine starke Elektro-Offensive zu stärken, wobei der Schwerpunkt bei den chinesischen Produktionsteilen liegen soll – nach dem Motto: „in China für China". 

VW strebt in China bis 2030 vier Millionen Verkäufe von Autos und einen Marktanteil von 15 % an, wobei jedes zweite Auto elektrisch sein soll. Dafür wird massiv in Forschung und Entwicklung investiert, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die starke Konkurrenz durch lokale Hersteller (z.B. BYD) hat VW allerdings schon von seinem Spitzenplatz verdrängt.

Für VW mit rund 39 Werken und über 90.000 Mitarbeitern (Stand 2024) ist China der zweitgrößte Markt. Darüber hinaus gibt es innerhalb des Ansatzes „in China für China“ zahlreiche Kooperationen mit chinesischen Partnern (Xpeng, Anhui), um deren Technologiekompetenz und Produktentwicklung zu stärken. 2024 eröffnete VW ein neues F&E-Zentrum in Hefei, in dem zum ersten Mal Autos komplett in China entwickelt werden und in das rund 3 Mrd. Euro investiert wurden.  

BASF ist ebenfalls mit wichtigen Standorten in Schanghai, Nanjing, Chongquing und Zhanjiang präsent. Das Unternehmen aus Ludwigshafen ist weltweit das größte Chemieunternehmen, das eine riesige Bandbreite an Produkten und Lösungen entwickelt, herstellt und verkauft – von Basischemikalien über Materialien, Beschichtungen bis hin zu Agrarlösungen und Produkten für Ernährung und Pflege.  

Während die Chemiebranche in Europa über rückläufige Umsätze und fehlende Auslastung klagt, werden in China neue Werke errichtet. Im November 2025 hat BASF mit dem Betrieb eines neuen Verbundstandortes in Zhanjiang begonnen, in das 10 Milliarden Euro investiert wurden. Dieser Standort ist darauf ausgerichtet, eine moderne, nachhaltige und sichere Produktion zu ermöglichen und wird voraussichtlich eine wichtige Rolle für das Unternehmen spielen, da der chinesische Markt für BASF der zweitgrößte ist.  

Es sind die chinesischen Standortvorteile, die BASF veranlassten, das neue Verbundwerk in China zu errichten: Der chinesische Industriestrompreis ist günstiger als der deutsche, und in China wird der Chemiemarkt wesentlich geringer stranguliert als mit der europäischen Verordnung „Reach“. Die chinesische Regierung beabsichtigt auch nicht, aus Klimagründen einen teuren Emissionshandel einzuführen. Während Unternehmen in der EU für den Ausstoß einer Tonne Kohlendioxyd aktuell etwa 80 Euro zahlen, sind es in China nur 7 Euro und in den USA größtenteils sogar nur null. So ist es kein Wunder, dass in China mit Chemie Geld verdient werden kann, während die Chemiebranche in Deutschland nur noch zu 70 Prozent ausgelastet ist und in Depression verfällt. 


Seltene Erden

Als Seltene Erden (SE) werden insgesamt 17 metallische Grundstoffe bezeichnet, darunter Scandium, Yttrium und Lanthan. Die Elemente haben außergewöhnliche Eigenschaften und gelten in vielen Schlüsseltechnologien als unentbehrlich. Die Bandbreite ihrer Verwendung reicht von Batterien über Mobiltelefone, Laser, Flachbildschirme bis hin zu Luftwaffensystemen. 

Die Grundstoffe selbst sind nicht selten, einige kommen sogar häufig vor. Allerdings liegen die bekannten Vorkommen zu einem Großteil in China und werden auch fast nur dort abgebaut. Da China die Rohstoffe über lange Zeit vergleichsweise günstig anbot, lohnte sich die eigene Förderung für viele Industriestaaten nicht. Einige Minen wurden sogar wieder geschlossen.

China beherrscht deshalb den Weltmarkt für Seltene Erden mit riesigen Reserven (weltweit die größten), und es kontrolliert den Abbau (ca. 70 %) sowie die Verarbeitung (ca. 90 %). Das geschieht mit Hilfe von wenigen Großunternehmen, was zu einer massiven Abhängigkeit der globalen Hochtechnologie- und Verteidigungsindustrie führt. Peking setzt diesen Rohstoff deshalb zunehmend als strategisches Druckmittel ein und ordnet strenge Exportkontrollen sowie Lizenzpflichten für kritische Metalle an. Die Lieferketten in Europa sind dadurch außerordentlich gefährdet. 

Als der Handelsstreit zwischen China und den USA nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump eskalierte, schränkte die chinesische Führung die Exporte von Seltenen Erden ein, soweit sie für militärische Zwecke eingesetzt werden können. Seitdem müssen Unternehmen für Lieferungen Lizenzen beantragen und nachweisen, dass sie für nicht-militärische Zwecke verwendet werden sollen. Das ist aufwändig, kostet viel Zeit und gibt China jederzeit die Möglichkeit, Lieferanträge zurückzuweisen und die USA oder Europa unter Druck zu setzen.   


Deutschland im Abseits   

Traditionell war der Export ein wichtiger Baustein für die Stärke der deutschen Wirtschaft. Auch in Konjunkturkrisen erfolgte die wirtschaftliche Erholung regelmäßig durch die Exportwirtschaft, die mit Steigerung ihrer Ausfuhren die übrige Wirtschaft mitzog.  

Diese Funktion hat die deutsche Exportwirtschaft inzwischen verloren. Seit fast einem Jahrzehnt verliert Deutschland stetig Marktanteile im globalen Warenexport. Das zeigt eine Analyse der Deutschen Bundesbank: Danach haben sich die deutschen Exporte bis 2019 ständig gesteigert, seit 2021 entwickeln sie sich aber schlechter als die globalen Absatzmärkte. Die Gründe dafür sind nach Einschätzung der Ökonomen der Bundesbank überwiegend auf der Angebots- und weniger auf der Nachfrageseite zu suchen, d.h. die deutsche Exportindustrie hat global an Wettbewerbsfähigkeit verloren.   

In der öffentlichen Diskussion wird diese Exportschwäche mit einer Vielzahl anderer Gründe erklärt: Lieferkettenengpässe im Zuge der Corona-Pandemie, steigende Energiepreise auf Grund des Ukraine-Krieges, Trumps erratische Zollpolitik und eine stärkere Konkurrenz der chinesischen Hersteller. 

Die Bundesbank kommt in ihrer Analyse aber zu dem Ergebnis, dass rund drei Viertel des Verlustes am Exportmarktanteil seit 2017 darauf zurückzuführen sind, dass deutsche Exporteure im internationalen Vergleich bei vielen Produktgruppen an Wettbewerbsfähigkeit verloren haben. Deshalb büßte Deutschland seit 2019 bei seinen wichtigsten Handelspartnern Marktanteile ein, während China welche aufbaute. 

Im Ergebnis ist der deutsche Exportanteil am Weltmarkt seit 2011 um 14 Prozent gefallen. Demgegenüber stieg der Anteil Chinas in demselben Zeitraum um mehr als 40 Prozent an, der Anteil der USA um 5 Prozent. Auf den Weltmärkten ist vor allem China zum stärksten Konkurrenten der deutschen Exportwirtschaft geworden. 

Die Bundesbank erkennt darin grundlegende strukturelle Herausforderungen: „Da sich die Wettbewerbsfähigkeit breit verschlechterte, gibt es Bedarf, die Angebotsbedingungen in Deutschland zu verbessern“, schreiben die Ökonomen der Bundesbank (FAZ 15. Juli 2025). Dieser Hinweis ist als Mahnung an die Bundesregierung zu verstehen, die allgemeinen Standortbedingungen insbesondere für die exportierende Wirtschaft zu verbessern. 

Außerdem weist der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Jahresgutachten 2025 darauf hin, dass die Weltkonjunktur von protektionistischen Tendenzen (Chinas) und „einer unberechenbaren Handelspolitik der USA“ geprägt ist. Zu den Folgen sagte die Vorsitzende des Rats, Monika Schnitzer: „Durch die US-Zölle und die Aufwertung des Euro hat sich unsere Wettbewerbsposition weiter verschlechtert“. 

Deutschland und die Europäische Union (EU) werden also sowohl von den USA als auch von China unter Druck gesetzt: Einerseits sind die Zölle für Exporte in die USA gestiegen, wovon vor allem die deutsche Autoindustrie, aber auch die Hersteller und Verarbeiter von Aluminium, Eisen und Stahl betroffen sind; andererseits macht sich die Konkurrenz aus China auf den Weltmärkten immer stärker bemerkbar und drängt mit Dumpingpreisen auf den europäischen Markt. „China tritt zunehmend als Konkurrent auf und profitiert zudem von gesunkenen Exportpreisen“, sagte Schnitzer. 

Zudem leidet die europäische Wirtschaft darunter, dass der Dollar durch die Inflation in den USA gegenüber dem Euro an Wert verloren hat – und der chinesische Renminbi auch, weil er an den Dollar gekoppelt ist. Europas Produkte sind dadurch auf dem Weltmarkt teurer geworden, chinesische günstiger. Auch dadurch verschlechtert sich die Wettbewerbsposition deutscher Unternehmen gegenüber globalen Konkurrenten. 

Die Folgen zeigen sich an den veränderten Handelsströmen zwischen China und den USA, die sich nach einer Studie des IW Köln in Richtung Europa verschoben haben. So sanken die Exporte Chinas in die USA im ersten Halbjahr um fast 16 Prozent, während die Importe Deutschlands aus der Volksrepublik um elf Prozent stiegen. Dass die Preise für diese Importe um nahezu vier Prozent gesunken sind, legt laut IW „den Schluss nahe, dass die chinesischen Anbieter mit Niedrigpreisen auf den deutschen Markt drängen“ (WamS vom 23. Nov. 2025).   
     

  

  


Zurück Druckoptimierte Version Diesen Artikel weiterempfehlen... Druckoptimierte Version
Benutzername:
User-Login
Ihr E-Mail
*