top-schriftzug
blockHeaderEditIcon

Dr. Schlarmann - Mittelstand

aktuelle Informationen für den Mittelstand
block-foto-dr-schlarmann-mittelstand
blockHeaderEditIcon
Merkels Verzicht auf die Euro-Regeln
11.07.2015 15:00 (3119 x gelesen)

Merkels Verzicht auf die Euro-Regeln

Nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im Herbst 2008 deutete wenig darauf hin, dass Griechenland zum nächsten Problemfall werden könnte. Auf das Land entfielen nur 2,0 Prozent der Wirtschaftsleistung Europas. Griechische Banken besaßen auch kaum Schrottpapiere aus den USA. Nur die Rating-Agenturen waren vorsichtiger. Anfang 2009 stuften sie das Land wegen steigender Staatsverschuldung und steigender Zinsen um eine Note auf A- herunter. Politischer Handlungsbedarf wurde daraus aber noch nicht abgeleitet.

Erst als der griechische Finanzminister im Oktober 2009 ein Haushaltsdefizit von 12 Prozent und mehr ankündigte, rückte Griechenland  wieder auf die Tagesordnung. Es gab Warnungen aus Bankenkreisen. Die Rating-Agenturen setzten das Land auf die Note B herab. Hilfen für Griechenland waren aber weiterhin kein Thema. Wolfgang Schäuble erklärte der BILD: „Die Griechen haben jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt. Wir Deutschen können nicht für Griechenlands Probleme zahlen.“

Angela Merkel weigerte sich ebenfalls, Griechenland finanzielle Hilfe in Aussicht zu stellen. Als sie in einem ARD-Interview gefragt wurde, ob es Finanzhilfen für Griechenland geben wird, antwortete sie: "Das ist ausdrücklich nicht der Fall." Selbst die EZB wollte hart bleiben. EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark sagte noch Anfang 2010: „Die Märkte täuschen sich, wenn sie davon ausgehen, dass andere Mitgliedsstaaten in die Brieftasche greifen, um Griechenland zu helfen.

Erste Hilfe für Griechenland

Die Akteure auf den Finanzmärkten trauten solchen Erklärungen jedoch nicht. Sie gingen zwar davon aus, dass „Euroland niemals die Insolvenz eines armen Verwandten zulassen werde“. Gleichzeitig erhöhten sie aber die Risikoaufschläge für griechische Anleihen, weil es auch anders kommen konnte.

Zu dieser offenen Lage passten die Erklärungen des griechischen Premierministers Giorgos Papandreou, der einerseits verkündete: „ Griechenland will keinen Cent von deutschen Steuerzahlern“, und andererseits die Bundeskanzlerin bei seinem Buch in Berlin vertraulich um Hilfe bat. Auch Angela Merkel äußerte sich zwiespältig: „Es … geht nicht um Hilfszusagen …, sondern um ein gutes Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Griechenland“. Tatsächlich hatte sie dem griechischen Premierminister aber bereits Finanzhilfen zugesagt. „Die Bundeskanzlerin befürchtet, dass sie für das Scheitern des Euro und am Ende sogar für das Aus der europäischen Einigung verantwortlich gemacht werden könnte“, sagte damals einer ihrer Berater. Die Kanzlerin fürchtete außerdem die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, weil den Wählern in Deutschland Hilfen für Griechenland nur schwer zu vermitteln waren. Deshalb bog sie die Wahrheit.

Der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou, der in Berlin dabei war, berichtete später, dass die Entscheidung zur Griechenlandhilfe vor dem Treffen keineswegs gefallen war. Er zitierte Angela Merkel mit dem Satz: "Wolfgang und ich sind zu diesem Thema nicht einer Meinung." In dem anschließenden Gespräch habe jedoch Schäuble darauf gedrängt, ein Hilfspaket zu unterstützen oder der Europäischen Zentralbank zu erlauben, griechische Staatsanleihen zu kaufen. "2010 war es Schäuble, der eine zaudernde Kanzlerin davon überzeugte, das Unausweigliche zu akzeptieren: ein Rettungspaket für Griechenland. Es war sein Verdienst, dass sie ihre Vorbehalte hinanstellte", erinnerte sich Papakonstaninou.

Als dies ruchbar wurde,  mahnte der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler (MdB) in der  BILD: „Die Kanzlerin darf keinen Rechtsbruch begehen, darf Griechenland keine Hilfe versprechen. Der griechische Staat muss sich radikal von Beteiligungen an Firmen trennen und auch Grundbesitz, z.B. unbewohnte Inseln verkaufen.“ Von dem Verfasser dieses Beitrages bekam er Unterstützung: „Ein Bankrotteur muss alles, was er hat, zu Geld machen - um seine Gläubiger zu bedienen. Griechenland besitzt Gebäude, Firmen und unbewohnte Inseln, die für die Schuldentilgung eingesetzt werden können.“ Diese Äußerungen fanden international große Beachtung, national aber auch Kritik. So meinte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU),  man dürfe Euro-Länder nicht „demütigen“. Er hatte offensichtlich schon vergessen, dass nach dem Maastricht-Vertrag  jedes Euro-Land für seine Schulden selbst verantwortlich sein sollte.

Ende April 2010 platzte dann die Bombe. Das Europäische Amt für Statistik (Eurostat) schätzte Griechenlands Haushaltsdefizit für 2009 auf 13,6 Prozent. Zeitgleich setzte Standard & Poor´s  das Rating für griechische Staatsanleihen um drei Stufen auf BB-  herab, worauf die Kurse griechischer Staatsanleihen einbrachen. Spanien und Portugal folgten. Der Krisenfall war eingetreten. „Wir hatten Angst, dass Griechenland Lehman II werden könnte“, beschrieb Jörg Asmussen, damals Finanzstaatssekretär, die Stimmung in der Bundesregierung.

In aller Eile traten die Euro-Finanzminister am 2. Mai 2010 in Brüssel zusammen und beschlossen ein umfangreiches Hilfspaket für Griechenland. Es bestand aus Finanzhilfen für drei Jahre in Höhe von 110 Milliarden Euro, wovon die Euro-Länder 80 Milliarden  und der Internationale Währungsfonds (IWF) 30 Milliarden  übernahmen. Angela Merkel und Wolfgang Schäuble, die zuvor jegliche Hilfe für Griechenland ausgeschlossen hatten, stimmten den Finanzhilfen zu.

Der Deutsche Bundestag  beriet das Hilfspaket für Griechenland am 7. Mai 2010. Die Bundeskanzlerin warb mit eindringlichen Worten: „Bei der Entscheidung geht es um den Erhalt der Währungsunion“. Bundesbankpräsident Axel Weber warnte im Haushaltsausschuss: „Eine Insolvenz von Griechenland hätte dramatische Folgen für die Währungsunion.“ Diese Warnungen blieben nicht ohne Wirkung. Mit einer Mehrheit von 390 Stimmen bewilligte der Bundestag die Hilfe für Griechenland.

Der Verzicht auf das Beistandsverbot

Während der Bundestag der Griechenlandhilfe in einem Eilverfahren zustimmte, sorgte  ein dramatischer Kurssturz an den Börsen für weltweite Unruhe. Der Dow Jones hatte am Tag zuvor 1.000 Punkte verloren. Der Geldmarkt trocknete aus, weil die Banken sich untereinander nicht mehr vertrauten. Der Handel mit Staatsanleihen versiegte. Nicht nur für griechische, sondern auch für portugiesische und spanische Papiere stiegen die Risikoaufschläge.

In dieser Situation reisten die Regierungs-  und Staatschefs am 7. Mai 2010 zu einem Sondergipfel nach Brüssel, um über die neue Lage zu beraten. Allen war klar, dass diesmal ein Hilfspaket wie für Griechenland nicht ausreichen würde. Angela Merkel hatte ursprünglich darum gebeten, das Gipfeltreffen auf den Montag nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zu verlegen. Denn 80 Prozent der Deutschen waren gegen die Hilfen für Griechenland. Doch die sich zuspitzende Lage in den Krisenländern verlangte politisches Handeln.

Zur Vorbereitung  der anstehenden Verhandlungen hatte der französische Präsident Nicolas Sarkozy in Brüssel  intensive Vorgespräche mit den Regierungschef von Italien, Spanien, Griechenland  und Portugal geführt, um die gemeinsame Verhandlungslinie der Südländer festzulegen. Ihre Ziele waren die Abschaffung des Beistandsverbots („No-bail-out-Regel“) und der unbeschränkte Ankauf von griechischen, portugiesischen und spanischen Staatsanleihen durch die EZB. An diesen Vorbesprechungen war von deutscher Seite niemand beteiligt. Angela Merkel wusste deshalb nicht, was auf sie zukam. 

Die offiziellen Verhandlungen begannen mit einem „emotionalen“ Vortrag des EZB-Präsidenten Jean-Claude Trichet, der an Hand von Tafeln die aktuellen Zinsentwicklungen und Risikoaufschläge erläuterte. Die Lage verglich er mit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers. Zur Arbeit der EZB sagte  er: „Wir haben erledigt, was zu erledigen war. Sie sind es, die Mitgliedstaaten, die versagt haben, ihre Pflichten zu erfüllen!“

Nach dem Vortrag hatten alle anwesenden Staats- und Regierungschefs begriffen, dass nicht nur Griechenland zu retten war, sondern über die Währungsunion verhandelt werden sollte. Unter den Anwesenden verbreitete sich ein Gefühl der Rat- und Hilflosigkeit. Es wuchs die Furcht, dass Spekulanten den Euroraum sprengen könnten.

 „Die Märkte hocken wie ein unsichtbares Monster in der Zimmerecke“, beschrieb die FAS die Stimmungslage bei diesem Sondergipfels. Davon ließ sich auch Angela Merkel anstecken. Als der Präsident Zyperns zur Ruhe mahnte  und eine Denkpause vorschlug, schnitt ihm Angela Merkel das Wort ab: „Wir haben keine paar Tage. Wir müssen zeigen, was wir vorhaben, bevor die Märkte am Montag öffnen.“ Dann ergänzte sie: „Wir haben nur einen Schuss.“

Nicolas Sarkozy befeuerte die allgemeine  Erregung mit der Warnung: „Die Europäische Union könnte explodieren“. Dann legte er seine erste Forderung auf den Tisch: Der Europäische Rat sollte einen permanenten Rettungsmechanismus beschließen, der Gelder an Krisenländer verteilen konnte, „ohne dass irgendjemand von uns zu Hause um parlamentarische Zustimmung bitten muss“.

Das war die Aufforderung an die Runde, die „No-bail-out-Klausel“ des Maastricht-Vertrages außer Kraft zu setzen. Widerspruch gegen diesen Vorschlag gab es nicht. Auch Angela Merkel stimmte zu, „vorübergehend einen gemeinsamen Finanztopf einzurichten“, bestand aber auf begrenzten Haftungsanteilen. Die Festlegung der Details sollten den Finanzministern überlassen bleiben, die zwei Tage später in Brüssel tagen sollten.

Die Zustimmung zum Ankauf von Staatsanleihen 

Nach seinem ersten Durchbruch startete Nicolas Sarkozy seinen Angriff auf die  Unabhängigkeit der EZB. In den Vorbesprechungen mit den Chefs der Südländer hatte er vorgeschlagen, die Bank müsse  griechische, spanische und portugiesische Staatsanleihen ankaufen. Notfalls müsse sie dazu gezwungen werden. Bei der offiziellen Verhandlung formulierte er vorsichtig, dass er außerhalb des Verhandlungsraumes so etwas nie sagen würde, aber die EZB müsse wie die amerikanische Notenbank und die Bank von England Staatsanleihen aufkaufen. Nur so würden die Risikozuschläge sinken. Der Portugiese  José Sócrates und der Spanier Rodríguez Zapatero unterstützen ihn bei dieser Forderung. Der Italiener Silvio Berlusconi ergänzte: „Zumindest auf dem Zweitmarkt sollte die EZB Anleihen kaufen“.

Mit dieser Forderung brachten sie EZB-Präsident  Jean-Claude Trichet in die Bredouille,der dem Eindruck vorbeugen musste, dass die angeblich unabhängige EZB unter politischem Druck einknickte. Er sei „nicht gegen den Kauf von Staatsanleihen, aber wir brauchen und werden nicht um Ihre Erlaubnis fragen“, rief er in die Verhandlungsrunde. Darin wurde er von Angela Merkel unterstützt: „Wir haben völliges Vertrauen, dass Sie tun werden, was Sie tun müssen.“ Jean-Claude Trichet hatte verstanden: Die Bundesregierung würde dem  Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB nicht widersprechen.

Der Öffentlichkeit erklärte Nicolas Sarkozy später, die in der Sitzung gefassten Beschlüsse gingen „zu 85 Prozent auf französische Vorstellungen zurück“. Im Unterschied zu Angela Merkel wusste Nicolas Sarkosy aber nicht, dass Jean-Claude Trichet die Mitglieder des EZB-Rates einen Tag zuvor auf einem Weingut südlich von Lissabon versammelt hatte, um über den Ankauf von Staatsanleihen zu beraten.

Teilnehmer dieses Treffens berichteten anschließend, dass Axel Weber, der damalige Präsident der Deutschen Bundesbank, den entscheidenden Satz aussprach: „Die EZB muss Staatsanleihen kaufen.“ Damit hatte die Deutsche Bundesbank den Weg  zum massenhaften Aufkauf von Staatsanleihen geöffnet. Dass Axel Weber seine Bemerkung am nächsten Tag per E-Mail zurückzog, änderte daran nichts. Den formellen Beschluss fasste der EZB-Rat unmittelbar nach dieser Tagung in einer Telefonkonferenz.

Die deutsche Bundesregierung hatte zuvor gegenüber Jean-Claude Trichet Zustimmung signalisiert. Dahinter stand folgendes Kalkül: Wenn die EZB viele Staatsanleihen aus kriselnden Ländern aufkauft, bedeutete das zugleich eine geringere Belastung des deutschen Fiskus und weniger Auseinandersetzungen im Bundestag. So wurde das Verhalten der Deutschen auch in Brüsseler Kreisen  gedeutet:  „Solange die Bundesregierung nicht direkt gegen das Aufkaufprogramm der Notenbank auftritt, stehen der Schutz der deutschen Steuerzahler und das Gewinnen nationaler Wahlen ganz vorne.“

Jean-Claude Trichet jedenfalls handelte, wie es Nicolas Sarkozy gefordert und Angela Merkel stillschweigend empfohlen hatte: Am Montag, dem 10. Mai 2010, einen Tag nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, gab er das nächste Aufkaufprogramm der EZB bekannt. Flankiert wurde dieses Programm durch den Euro-Rettungsfonds, auf den sich die EU-Finanzminister einen Tag zuvor, am 9. Mai 2010, in Brüssel geeinigt hatten. Es war genau die Kombination, die in den folgenden Monaten und Jahren immer wieder genutzt wurde, um die Lage zu beruhigen. 

Der vorläufige Rettungsschirm (EFSF)

An den Verhandlungen über den Euro-Rettungsfond hatte Wolfgang Schäuble, der gesundheitlich angeschlagen war, nicht teilgenommen. Nach seiner Ankunft  in Brüssel wurde er sofort in ein Krankenhaus eingeliefert. Statt seiner wurde nicht Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), von der Rangfolge her der Nächste, sondern Innenminister Thomas de Maiziére, ein Vertrauter der Kanzlerin, ausfindig gemacht und per Flugzeug nach Brüssel geschickt. Angela Merkel und die übrigen Regierungschefs waren per Telefon zugeschaltet.

Beschlossen wurde am Ende ein „Europäischer Rettungsschirm“ mit einem Gesamtvolumen von 500 Mrd. Euro, der aus einem Gemeinschaftsinstrument, dem „Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus“ (EFSM – 60 Mrd. €) und einer noch zu gründenden zwischenstaatlichen Zweckgesellschaft (440 Mrd. €) bestand. Dadurch sollte sowohl die Zahlungsfähigkeit der einzelnen Mitgliedsländer des Eurogebietes als auch die Stabilität des Euroraumes als Ganzes gesichert werden. Die Gesellschaft war auf drei Jahre befristet, um den hilfsbedürftigen Staaten  Zeit für die Beseitigung der Krisenursachen zu geben.

Ein Sherpa berichtet über die entscheidende Sitzungsnacht: „Wir hatten uns gedacht, 200 Mrd. Euro werden wir brauchen. Und haben kalkuliert, dass die Deutschen von der vorgeschlagenen Summe sicher die Hälfte herunterräumen werden. Dies befürchtend und zugleich wissend, dass nur 100 Mrd. Euro niemals genug sein werden, haben wir die Summe auf 400 Mrd. Euro verdoppelt. Dann haben wir aus irgendeinem Grund noch 10 Prozent draufgeschlagen, um zusammen mit den 60 Mrd. Euro aus dem Fonds der EU-Kommission auf insgesamt 500 Mrd. Euro zu kommen. Und dann waren wir verblüfft, dass die Deutschen nichts abgeräumt haben. So kamen die 440 Mrd. für den EFSF zusammen.“

Rechtsanwalt Markus C. Kerber, einer der späteren Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht, verurteilte das Verhalten der Bundeskanzlerin und ihres Finanzministers scharf: „Dass man die faktische Revision des Maastricht-Vertrages nun nolens volens akzeptiert, veranschaulicht  das mangelnde Selbstbewusstsein deutscher Politik. Unter Willy Brandt wäre so etwas nicht passiert. Das Scheitern des Maastricht-Vertrages liegt also in der Kraft- und Fantasielosigkeit der deutschen Politik begründet. Dafür werden die deutschen Parteipolitiker zur Rechenschaft gezogen werden. Denn eine stabilophobe Währungsunion wollten die Deutschen nie.“

Der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler (FDP) schrieb seinen Fraktionskollegen: „ Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der gestrigen Nacht haben die EU-Finanzminister erneut einen Rettungsschirm für Länder der Eurozone beschlossen. Nachdem der Deutsche Bundestag am vergangenen Freitag dies bereits für Griechenland beschlossen hat, soll nunmehr ein Rettungsschirm in der Größenordnung von 750 Mrd. Euro gemeinsam mit dem IWF geschaffen werden. Dieser beispiellose Akt, zwei Tage nachdem der Bundestag das Rettungspaket für Griechenland verabschiedet hat, ist für mich unfassbar.

Die Griechenlandrettung war für die Befürworter ´alternativlos´, auch wenn sie gegen die No-Bail-Klausel (Artikel 125 AEUV) der Europäischen Verträge verstößt. Wenn die EU jetzt direkt Kredite an Mitglieder der Eurogruppe vergeben will, verstößt dies nunmehr ebenfalls gegen Europäische Verträge (Artikel 143 AEUV). Sollte die EZB nicht nur griechische Staatsanleihen ohne Bonitätsstufe als Sicherheiten akzeptieren, sondern aktiv Staatsanleihen aufkaufen, dann wäre dies ein noch nie dagewesener Dammbruch und ebenfalls ein Verstoß gegen Europäische Verträge (Artikel 123 AEUV). Damit werden die Schulden von Ländern der Eurozone sozialisiert. … Freundliche Grüße Frank Schäffler.“

Am 21. Mai 2010, zwei Wochen  nach der Abstimmung über die Griechenlandhilfe, wurde der Rettungsschirm EFSF im deutschen Bundestag  beraten. Wieder gab es eine Regierungserklärung von Angela Merkel: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“. Die Debatte um den Rettungsschirm nutzten führende Politiker zu Verbalattacken auf Banken, Hedgefonds und Spekulanten als die angeblichen Verursacher der Krise.

Auch Angela Merkel stimmte in diesen Chor mit ein: „Es ist perfide, dass zunächst die Banken die Weltwirtschaft in einen tiefen Abgrund gezogen haben und nun gegen die selbst verursachten Schulden der Staaten spekulieren“. Sie forderte: „Die Politik muss das Primat über die Märkte wiederbekommen.“ Dass die Schuldenpolitik der Staaten die Krise verursacht hatte, erwähnte sie nicht.
 
Der Deutsche Bundestag nahm das Gesetz mit 319 von 587 Stimmen an. Die Ausfertigung durch den Bundespräsidenten Horst Köhler erfolgte noch am selben Abend. Damit setzte er die No-Bail-Out-Klausel außer Kraft, die er als Staatssekretär der Regierung  Helmut Kohl  in den Maastricht-Vertrag hinein verhandelt hatte und die er als „sein Lebenswerk“ betrachtete.  Am 31. Mai 2010 trat Horst Köhler als Bundespräsident zurück. Er war von Angela Merkel tief enttäuscht.


Zurück Druckoptimierte Version Diesen Artikel weiterempfehlen... Druckoptimierte Version
Benutzername:
User-Login
Ihr E-Mail
*