Trumps Wirtschafts- und Handelspolitik
Für Trumps Wirtschafts- und Fiskalpolitik gibt es kein ordnungspolitisches Programm wie in Europa für die „Soziale Marktwirtschaft“. Die zentralen Inhalte seiner Politik sind das Ergebnis seiner „schillernden Persönlichkeit“ und seines „autoritären Staatsverständnisses“. Damit stößt er nicht nur in republikanischen Kreisen auf breite Akzeptanz, sondern inspiriert auch ein „Team von Beratern“, das so denkt wie sein Präsident. Das politische Umfeld, das Donald Trump sich geschaffen hat, wirkt wie eine Echokammer, in der sich seine Ideen, Einfälle und Vorlieben verstärken und zu konkreten Aktionen entwickeln.
Folgende Personen gehören zum engeren Kreis von Trumps wirtschaftspolitischen Beratern (Stand 2025):
• Stephen Miran führt das „Council of Economic Advisers (CEA)“, das Trump in ökonomischen Fragen berät. Stephen Miran war zuvor als Senior-Stratege im Finanzsektor tätig und hatte auch Aufgaben im US-Finanzministerium. Er ist inzwischen Mitglied des „Federal Reserve Board of Governors“ und damit für die US-Zinspolitik mitverantwortlich.
• Kevin Hasset leitet das „White House National Economic Council“ und koordiniert die Wirtschaftsagenda, u.a. Steuern, Handel und Deregulierung.
• Jamieson Greer ist als US Trade Representative zuständig für die Außenhandelspolitik und führt die Verhandlungen für die USA.
• Scott Bessent ist als Finanzminister verantwortlich für Haushalt, Finanzpolitik und die makroökonomischen Rahmenbedingungen.
• Peter Navarro ist der Handels- und Industriestratege, dem eine wichtige Rolle bei der protektionistischen Handelspolitik zugeschrieben wird.
Es gibt darüber hinaus mehrere Spezialisten, die Trump oder seine Minister in Teilbereichen wie Handel, Zöllen, Steuerpolitik, Regulierung etc. beraten. Der mächtigste davon ist Russell Vought, der als Chef des White House Office für Management and Budget darüber entscheidet, wie die Regierung ihr Geld ausgibt.
Die amerikanische Wirtschafts- und Fiskalpolitik unter dem Präsidenten Donald Trump in seiner ersten (2017–2021) und zweiten (2025) Amtszeit konzentrierte sich auf folgende Felder: (1.) Steuerliche Entlastungen, (2.) industriepolitische Engagements, (3.) Aktionen zur Entbürokratisierung, (4.) Maßnahmen gegen illegale Einwanderung, (5.) Zoll- und Außenhandelspolitik. Die Klimapolitik wie auch die Entwicklungspolitik spielen in der Trump-Regierung keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle, weil sie für die Stärkung der amerikanischen Wirtschaft keinen nennenswerten Beitrag leisten.
Zentrale Ziele der Wirtschafts- und Fiskalpolitik
Seit dem Wahlkampf 2016 fasst Donald Trump seine gesamte Politik unter dem Motto „America First“ zusammen. In seiner Antrittsrede anlässlich seiner Amtseinführung am 20. Januar 2017 kündigte er an, von nun an werde dieses Motto die neue Vision für die USA sein.
Das Motto ist jedoch nicht neu: Die Ursprünge von „America First“ liegen im Isolationismus der Vereinigten Staaten, der sich nahezu durch die gesamte amerikanische Geschichte zieht. Schon George Washington rief bei seiner präsidialen Abschiedsrede im Jahr 1796 dazu auf, zwar mit dem Rest der Welt Handel zu treiben, sich aber vor politischen Verbindungen so weit wie möglich zu hüten.
Als die New York Times Trump auf diese Bedeutung von „America First“ hinwies, distanzierte sich Donald Trump davon ausdrücklich. Er habe das Motto vielmehr „als nagelneue, sehr moderne Bezeichnung verwendet“ („It was used as a brand-new, very modern term“). Für ihn sei „America First“ das Versprechen, „sich um dieses Land (die USA) zuerst zu kümmern, bevor wir uns um alle anderen in der Welt sorgen“ („take care of this country first before we worry about everybody else in the world“).
In diesem Sinn haben der Erhalt und die Rückgewinnung der nationalen Wettbewerbsfähigkeit für Trump oberste Priorität. Der Fokus seiner Wirtschafts- und Handelspolitik liegt auf der Rückverlagerung von Produktion in die USA, auf den Schutz heimischer Industrie vor ausländischer Konkurrenz und auf der Stärkung der Beschäftigung in traditionellen Branchen (Industrie, Stahl, Automobil).
Um diese Ziele zu erreichen, folgen die wirtschaftspolitischen Aktivitäten von Donald Trump keinem durchgehenden Muster, sondern sind eine Mischung aus marktwirtschaftlichen Elementen und zielorientierten Interventionen in die Wirtschaft. Seine marktwirtschaftliche Einstellung zeigt sich bei den Steuersenkungen für US-Unternehmen und den Maßnahmen der Deregulierung, insbesondere im Umwelt-, Sozial- und Finanzsektor. Dadurch, dass sich der Staat dort zurückzieht und den Unternehmen größere Handlungsspielräume gibt, sollen die Unternehmen gestärkt und das Wachstum in den USA stimuliert werden. Das sind liberale Elemente einer Ordnungspolitik.
Ganz anders geht Trump in der Handels- und Zollpolitik vor, um seine Ziele durchzusetzen: Die amerikanische Wirtschaft will er dadurch stärken, dass seine Regierung Freihandelsverträge kündigt und einseitig Importzölle festsetzt. Dass er damit den durch Regeln geordneten, fairen Außenhandel zerstört, der beiden Seiten nutzt, nimmt er in Kauf. Sein Ziel ist es, die amerikanische Wirtschaft zu stärken und den defizitären US-Haushalt mit den Zolleinnahmen aufzubessern.
Steuerliche Entlastungen
In seiner ersten Regierungsperiode hat Donald Trump mit dem „Tax Cuts and Jobs Act“ (TCJA 2017/8) die Unternehmenssteuer massiv gesenkt (von 35 % auf 21 %) und auch die private Einkommensteuer reduziert, vor allem zugunsten höherer Einkommen. Trump verfolgte damit das Ziel, der Wirtschaft neben einem kurzfristigen Konjunkturimpuls auch einen Anreiz für Investitionen zu geben und unternehmerisches Kapital ins Land zu holen.
Die Steuersenkung führte zu einem nachhaltigen Anstieg der Unternehmensgewinne und partiell zu höheren Investitionsausgaben sowie Aktienrückkäufen. Die durch die stimulierenden Effekte ausgelöste Nachfragebelebung wirkte demgegenüber nur kurzfristig.
Bei dieser Steuersenkung handelt sich um eine angebotsorientierte Maßnahme in der Tradition der sog. „Reaganomics“, d.h. die Regierung ging davon aus, dass der Steuerverzicht des Staates durch spätere Steuermehreinnahmen infolge des Wachstumsimpulses kompensiert wird. Diese Erwartung hat sich bisher aber nicht erfüllt.
Am Anfang seiner zweiten Regierungsperiode – am 4. Juli 2025, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag – unterzeichnete Donald Trump ein weiteres Gesetz zur Steuersenkung, das Gesetz „One Big Beautifull Bill (OBBB)“. Das Gesetz enthält Steuersenkungen sowie höhere Ausgaben für die Verteidigung und den Grenzschutz. Am wichtigsten sind Trump die Steuerkürzungen, weil ansonsten die Steuersenkungen aus seiner ersten Amtszeit im Jahr 2025 geendet hätten, was politische Debatten über Verlängerungen ausgelöst hätte. Die neuen Steuererleichterungen gehen aber darüber hinaus.
Zur Gegenfinanzierung der Steuersenkungen und der Ausgaben für Verteidigung sowie Grenzschutz sieht das OBBB-Gesetz Ausgabenkürzungen beim Gesundheitsfürsorgeprogramm der USA und bei den Umwelt-Initiativen vor. Außerdem verschlechtern sich mit diesem Gesetz die steuerlichen Vergünstigungen für Wind- und Solarenergie, die Trumps Vorgänger Joe Biden mit dem „Inflation Reduction Act“ eingeführt hat. Die dort vorgesehenen Steuergutschriften für solche Projekte laufen bis zum Jahr 2028 schrittweise aus.
Davon sind auch europäische Unternehmen betroffen, u.a. der bereits angeschlagene Agrarkonzern Baywa aus Süddeutschland, der zusammen mit einem Schweizer Investor an Wind- und Solarprojekten in den USA beteiligt ist. Nun muss der Konzern prüfen, welche Auswirkungen die von Trump veranlasste Streichung der Steuergutschriften auf die langfristige Unternehmensplanung und Ertragsaussichten des Projektes haben wird. An der Börse kam diese Steueränderung nicht gut an. Der Aktienkurs der Baywa, der im November 2022 noch bei 47 Euro gelegen hatte, sackte weiter auf acht Euro ab.
Industriepolitische Engagements
In seiner zweiten Periode als Präsident hat Donald Trump begonnen, gezielt Industriepolitik zu betreiben. Darunter versteht er aber nicht nur die Förderung oder Ansiedlung bestimmter Industrien, sondern auch die gezielte Verhinderung von unliebsamen Branchen. Zu letzteren gehören vor allem die regenerativen Energien, weil sie nicht zu dem von Trump favorisierten Energie-Mix passen, der aus Kohle, Öl und Gas besteht. Donald Trump hält den Klimawandel für den „größten Schwindel, der je auf der Welt begangen wurde“.
Betroffen davon sind auch europäische Unternehmen, die vor Amerikas Küsten Offshore-Windkraftanlagen errichten oder errichten wollen. Dazu gehört u.a. der mehrheitlich dem dänischen Staat gehörende „Windkraftkonzern Örsted“, der vor der Küste von Rhode Island insgesamt 65 Windturbinen installieren will, wovon 45 bereits fertig sind. Im August 2025 stoppte die US-Behörde „Bureau of Ocean Energy Management“, die dem US-Innenministerium untersteht, den weiteren Ausbau der noch nicht fertigen Windturbinen. Dadurch wurde Örsted in große Schwierigkeiten gebracht, und der Aktienkurs stürzte ab.
Das hierzu von Örsted angerufene Gericht hob den Baustopp allerdings wieder auf. Richter Royce Lamberth rügte den widersprüchlichen Vortrag der Behörde und bezeichnete die von der Regierung nachgereichten Erklärungen als „Höhepunkt willkürlichen und launenhaften“ Regierungshandelns. Doch damit war Örsted nicht geholfen.
Nach dem Urteil stieg zwar der Örsted-Kurs an der Börse, doch diese Erholung kompensierte nur einen kleinen Teil der Verluste. Die Windparkentwicklung in den USA befindet sich schon seit 2021 wegen hoher Zinsen und gestiegener Baukosten in der Krise. Mit der grundsätzlich ablehnenden Haltung der Trump-Regierung dürfte es für Örsted noch schwieriger werden, den Offshore-Windpark fertigzustellen.
Zu den Branchen, an denen Trump interessiert ist und die er fördert, gehört vor allem die Chip-Industrie. Das Weiße Haus sieht die Entwicklung und Produktion von Chips in den USA als strategisch wichtig an. Aus diesem Grund hat sich die amerikanische Regierung mit 10 Prozent an „Intel“,dem führenden Anbieter von Mikroprozessoren für Computer, beteiligt. Die Beteiligung erfolgte in der Weise, dass Trump die mit dem „Chips Act“ von Präsident Joe Biden zugesagten Subventionen in Eigenkapital umwandelte. Hintergrund des Deals sind der Wettbewerb mit China und der Wettlauf um die Vorherrschaft bei der künstlichen Intelligenz (KI).
Kurz nach Bekanntgabe dieser Beteiligung sagte Trumps Wirtschaftsberater Kevin Hasset, er sei sicher, dass es weitere Transaktionen dieser Art geben werde. Solche Deals lasse sich der Präsident nicht entgehen. Trump könnte laut Hassett die Beteiligungen in einem Staatsfond bündeln, dessen Errichtung bereits angeordnet sei.
Im Bergbau ist der amerikanische Staat über das Pentagon bereits an dem Unternehmen „Mountain Pass“ beteiligt, das in der Mojave-Wüste Ceriumoxid und andere Seltene Erden fördert: Rohstoffe, die für den Tech-Sektor und den Bau von E-Autos wichtig sind.
Auch bei großen Rüstungsfirmen hat Trump Beteiligungen des Staates in Aussicht gestellt. Das Argument lautet: Die US-Regierung und damit der Steuerzahler mache ohnehin den größten Teil der Kundschaft aus. Der amerikanische Rüstungskonzern „Lockheed Martin“ macht zum Beispiel 97 Prozent seines Umsatzes mit der US-Regierung. „Das Unternehmen ist im Grunde ein verlängerter Arm der Regierung“, sagte Handelsminister Howard Lutnick dem Fernsehsender CNBC.
Für wirtschaftsliberale Amerikaner sind Trumps Pläne, den Staat an privaten Unternehmen zu beteiligen, ein Kulturschock. Die USA waren seit jeher ein Hort der freien Wirtschaft und schwacher Regulierung. Zustimmung erhält Trump jedoch vom linken Lager der Demokraten: Der unabhängige Senator Bernie Sanders, ein scharfer Trump-Kritiker und linker Demokrat, befürwortet den Staatseinstieg in Unternehmen ausdrücklich.
Auch der amerikanische Ökonom Joseph Stiglitz, ebenfalls ein linker Kritiker von Trump, hält eine solche Industriepolitik für sinnvoll, weil die Märkte oft zu wenig in Zukunftsbereiche investieren. „Manche Chips sind fundamental wichtig für unsere Wirtschaft, und jedes Land muss über ein gewisses Maß an nationaler wirtschaftlicher Souveränität verfügen“, rechtfertigt Stiglitz die staatliche Beteiligung an „Intel“. „Das ist kein Nationalismus, das ist einfach Vorsicht.“ Stiglitz stört aber Trumps Willkür: Er belohnt Freunde und bestraft Gegner – ohne klare Regeln: „Das ist eher Mafia-Stil als verantwortliche Industriepolitik“, kritisiert Stiglitz.
Stiglitz bezieht sich dabei auf Trumps Vorgänger, die wichtigen Branchen Subventionen gaben und sich an privaten Unternehmen beteiligten. In der Finanzkrise beteiligte sich die amerikanische Regierung zum Beispiel an dem Versicherungskonzern AIG, der Citibank und Ally Financial sowie General Motors und Chrysler, um diese Unternehmen vor dem finanziellen Untergang zu bewahren. Die Rettungsmaßnahmen erfolgten jedoch auf der Grundlage eines vom Kongress festgelegten Planes: sie waren befristet und mit einem Ausstiegsplan verbunden.
Demgegenüber regiert Trump in Amerikas Unternehmen hinein, wie es ihm gerade passt. Dabei vertritt er regelmäßig handfeste Interessen und hegt wenig Zweifel an seiner eigenen Urteilskraft. Kaum eine Episode illustriert das so klar, wie sein Engagement für den amerikanischen Maissirup:
Der Maissirup ersetzt in den USA seit Mitte der achtziger Jahre den Zucker in Coca-Cola und zahllosen anderen Produkten. Für den umstrittenen Gesundheitsminister Robert F. Kennedy ist Maissirup reines Gift, eine Einschätzung, die aber weder von der Wissenschaft noch von der Lebensmittelaufsicht geteilt wird. Gleichwohl verkündete Donald Trump Mitte Juli 2025 über soziale Medien: „Ich habe mit Coca-Cola darüber gesprochen, in den vereinigten Staaten echten Rohrzucker in Coke zu verwenden, und sie haben dem zugestimmt.“
Begünstigt von dieser Intervention ist laut FAZ vom 7. September 2025 das Zuckerimperium der Brüder Alfonso und José Fanjul in Florida, das seit Jahrzehnten von hohen Zöllen auf Zucker und Zuckerquoten profitiert und zu den Großspendern für die jeweils regierende Partei gehört.
Aktionen zur Entbürokratisierung
Die Deregulierung und Entbürokratisierung sind ein weiterer Bestandteil der Wirtschaftspolitik von Donald Trump. Begünstigt sind davon vor allem die Banken, die Energiewirtschaft und Teile der produzierenden Wirtschaft.
Für Banken lockerte Trump die sogenannten „Dodd-Frank-Auflagen“ (Der Dodd–Frank Act von 2010 umfasst insgesamt 16 Titel mit 541 Gesetzesartikeln auf 849 Seiten), wodurch sich die Risiko- und Liquiditätsanforderungen zugunsten mittelgroßer Banken veränderten. Die im Öl-, Gas- und Kohlebereich tätigen Unternehmen profitieren von der Rücknahme von Klimaschutzauflagen der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA. Außerdem hat die Trump-Regierung Unternehmen generell dadurch entlastet, dass Arbeitsschutz- und Verbraucherschutzregeln aufgehoben bzw. gelockert wurden.
Diese Maßnahmen verringern den staatlichen Einfluss auf die Wirtschaft und sind klassische neoliberale Politik. Sie schaffen ein unternehmerfreundliches Klima und vermindern die Bürokratiekosten. Viele dieser Maßnahmen zielen allerdings auch darauf ab, die Exekutive zu stärken, indem die Verwaltung „gesäubert“ wird.
In diese Kategorie fällt zum Beispiel die Tätigkeit des „Department of Government Efficiency“ (kurz „DOGE“), das zeitweilig von Elon Musk geleitet wurde:
Erklärtes Ziel von „DOGE“ sind der Bürokratieabbau und das Aufdecken verschwenderischer Staatsausgaben: Vor allem soll die Verwaltung durch Entlassung von unterbeschäftigten und unliebsamen Mitarbeitern verkleinert werden. Hierzu wurden massenhaft Kündigungen ausgesprochen und Mitarbeitern das weitere Betreten ihrer Büros untersagt. Außerdem ordnete DOGE an, dass die Angestellten im öffentlichen Dienst statt im Home Office wieder im Büro arbeiten müssen, auch um Freiwilligenabgänge zu forcieren und die Behördenzentralen in und um Washington DC zu reduzieren.
DOGE hat vollen Zugriff auf alle sensiblen Daten und die Kontrolle über sämtliche Staatsausgaben. Dabei geht es auch um Ausgaben für Bereiche, die nicht zur politischen Agenda des Präsidenten passen und die er beenden will. Dazu gehört beispielsweise das öffentliche Engagement für „DEI“ (diversity, equity, inclusion) - also das Eintreten für Vielfalt, Teilhabe und Inklusion – das Trump unterbinden will.
Größtes Opfer von „DOGE“ war bislang die US-Behörde für internationale Entwicklung, USAID, die zum 1. Juli 2025 geschlossen wurde und deren Mitarbeiter entlassen wurden. Darüberhinaus sind bisher rund 154.000 Bundesangestellte (circa 6,7 % der Gesamtverwaltung) dazu bewegt worden, ihre Posten freiwillig zu verlassen, bei weiterhin bezahltem Gehalt bis zum Jahresende. Was Musk und sein Team seit Aufnahme ihrer Arbeit in Washington wirklich gemacht haben und ob sie das überhaupt durften - vieles davon ist noch unklar.
Maßnahmen gegen illegale Einwanderung
In der illegalen Zuwanderung sieht Donald Trump keine Bereicherung für den amerikanischen Arbeitsmarkt, sondern eine Bedrohung für die amerikanische Gesellschaft, auf die er mit einer harten Anti-Migrationspolitik („zero tolerance“) reagiert. Weil der Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko und die Verstärkung des Grenzschutzes nicht die erwünschten Ergebnisse gebracht haben, geht Trump neuerdings mit brutalen Mitteln gegen die illegal zugewanderten Migranten vor:
Betroffen von dieser Politik sind mehr als zwölf Millionen Ausländer, die sich illegal in den USA aufhalten und keine Arbeitserlaubnis haben. Die meisten davon arbeiten unauffällig in Jobs, die kein Amerikaner machen möchte. Diese Menschen will Trump zwangsweise ausweisen, weil sich darunter angeblich „Mörder“, „Vergewaltiger“ oder „Terroristen“ befinden. Die Heimatschutzministerin Kristi Noem bestätigt, dass die Regierung „die Schlimmsten der Schlimmsten“ aus dem Land weisen wird.
Für die Durchführung dieses Vorhabens hat Donald Trump „das größte Abschiebungsprogramm in der Geschichte der Vereinigten Staaten“ in Kraft gesetzt. Dazu hat der Kongress bereits zusätzlich 75 Milliarden Dollar für die Ausländerpolizei (US-Immigration and Customs Enforcement - ICE) bewilligt, um 10.000 weitere Polizisten einstellen zu können. Seitdem tauchen überall in den USA schwer bewaffnete, meist vermummte Männer auf, um Menschen ohne Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in Abschiebehaft zu nehmen. Nach Expertenschätzungen sind seit dem Jahresanfang bereits ca. 300.000 Migranten festgenommen worden.
Jerome Powel, Chef der US-Notenbank, warnte vor dieser Politik mit dem Hinweis, dass das Angebot an Arbeitskräften deutlich rückläufig sei und es Firmen zunehmend schwerfalle, niedrig bezahlte Jobs zu besetzen - etwa in der Hotellerie und Gastronomie: Angesichts von über einer Million offener Stellen und hohen Kündigungsraten regt sich auch in diesen Branchen Kritik gegen Trumps Abschiebepolitik.
Die ICE lässt sich dadurch jedoch nicht beeindrucken und hat sich das Ziel gesetzt, täglich 3.000 Abschiebungen vorzunehmen; tatsächlich sind es bisher aber nur 1.000 bis 2.000 täglich. Der ICE-Chef Zom Homan kündigte deshalb mehr Razzien an: „Wir werden mehr Kontrollen an Arbeitsstätten durchführen, denn erstens ist es eine Straftat, dieses Land illegal zu betreten. Zweitens ist es eine Straftat, wissentlich einen illegalen Ausländer einzustellen.“
Wie die Ausländerpolizei (ICE) dabei vorgeht, veranschaulicht eine Razzia in der koreanischen LG-Hyundai-Fabrik in Georgia, in der die Firmen Hyundai und LG Energie Batterien für Elektroautos bauen wollen:
Nach einem anonymen Hinweis und wochenlangen Untersuchungen glaubten die ICE-Ermittler, dass in der Hyundai-Fabrik in großem Umfang Arbeiter ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt sind. Es gelang ihnen auch, einen Richter zu finden, der für vier Hispanics Haftbefehle erließ, weil diese dort angeblich illegal arbeiteten. Mit diesen Haftbefehlen öffnete sich den Ermittlern die Tür zur Fabrik für eine groß angelegte Razzia.
Rein quantitativ war diese Razzia ein Riesenerfolg: Einsatzkräfte von ICE, dem FBI, der Drogenpolizei DEA und anderen hinzugezogenen Behörden setzten 475 Personen fest. Die Festgenommenen wurden mit Handschellen gefesselt und mit einer Kette verbunden in eine Abschiebehaftanstalt transportiert, wo sie fünf Tage unter unbeschreiblichen Bedingungen ausharren mussten.
Die Ermittler waren davon ausgegangen, rund 200 Latinos ohne Arbeitserlaubnis festgenommen zu haben. Tatsächlich arbeiteten in der Fabrik aber nur Koreaner mit gültigen Arbeitspapieren, die eine Batteriefabrik mit einem Investitionsvolumen von acht Milliarden Dollar in´s Laufen bringen sollten. Die Koreaner sprachen kein Englisch und konnte daher nicht glaubhaft machen, dass ihre Aktivitäten legal waren. Die eingesetzten Polizisten wiederum waren nicht in der Lage, die ihnen gezeigten Visa-Unterlagen zu deuten; deshalb entschieden sie kurzerhand: „Wir verhaften alle und klären das mit den Papieren später.“
Die Massenverhaftung löste in Südkorea einen Schock aus und führte zu einer diplomatischen Krise mit den USA. Die Südkoreaner wurden schließlich aus der Haftanstalt entlassen und mit einem gecharterten Flugzeug in ihre Heimat gebracht. Das persönliche Angebot von Donald Trump, in den USA zu bleiben, um die Arbeiten in der Fabrik fortzusetzen, wollte keiner von ihnen annehmen. Die Blamage für die USA konnte größer nicht sein.
Neben der Abschiebung von illegal beschäftigten Personen gehört auch die Einwanderung von Ausländern in die USA zu den Themen, mit denen sich die Trump-Regierung vorrangig beschäftigt. Mit einer von Trump persönlich unterschriebenen Weisung hat er angeordnet, dass künftig für das sogenannte H-1B-Visum, mit dem vor allem international tätige US-Firmen, aber auch Kliniken und Forschungseinrichtungen, qualifizierte Mitarbeiter aus dem Ausland anwerben, eine Gebühr von 100.000 Dollar fällig wird. Das über Jahrzehnte eingespielte System der legalen Einwanderung wird damit geändert.
Trump verspricht sich davon vor allem neue Einnahmen für den Staat: „Sie werden viel Geld ausgeben, um hierherzukommen“, sagte er bei der Ankündigung der neuen Regelung. Außerdem will er mit dieser Gebühr die heimische Wirtschaft stärken: Amerikanische Unternehmen sollen lieber Amerikaner ausbilden und beschäftigen, statt Migranten aus dem Ausland zu rekrutieren, die dann nach wenigen Jahren dem Land den Rücken kehren und ihr gewonnenes Wissen mitnehmen.
Die Ankündigung zum Visumsantrag der H-1B-Kategorie hat unter den international tätigen Unternehmen der USA Schockwellen ausgelöst. Mehrere Vorstandsvorsitzende von Technologiekonzernen, darunter der ehemalige Trump-Vertraute Elon Musk, hatten vergeblich für das Spezialisten-Visa geworben. Das Argument: Ihre Unternehmen sind auf diese Spezialisten aus dem Ausland angewiesen; Trumps Plan sei deshalb schädlich für den Wirtschaftsstandort USA. Der Software-Unternehmer Shan Sankaran gab zu bedenken: „Wichtige Stellen bleiben möglicherweise unbesetzt, Innovationen in wichtigen Sektoren werden behindert.“
Zeitgleich mit dem Dekret zum H-1B-Visum unterzeichnete Trump ein Dekret zur Erteilung sogenannter „goldener Visa“, das wohlhabende Ausländer für eine Million Dollar kaufen können. Damit verbunden ist ein permanentes Aufenthaltsrecht in den USA inklusive Arbeitserlaubnis. Mit dieser Idee offenbart Trump sein Staatsverständnis: Der Staat kann seine Vergünstigungen wie eine kaufmännische Ware bestmöglich anbieten und verkaufen.
Zoll- und Außenhandelspolitik
Die Zoll- und Handelspolitik ist für Trump der wichtigste Hebel, um US-amerikanische Wirtschaftsinteressen im Sinne des „America First“-Ziels gegenüber anderen Nationen und Handelsverbünden durchzusetzen. Dabei kennt er in der Auswahl seiner Mittel keine Grenzen:
Trump setzt willkürlich Zölle auf Importgüter fest und schottet den amerikanischen Markt gegen ausländische Konkurrenz ab (z.B. durch Schutzzölle für Stahl und Aluminium). Er kündigt Handelsabkommen und bietet Neuverhandlungen an, um die Handelspartner unter Druck zu setzen. Außerdem wirbt er in den USA intensiv für die Förderung heimischer Produkte („Buy American“). Die Regeln der Word-Trade-Organisation (WTO), wie das Meistbegünstigungsprinzip, nimmt er nicht zur Kenntnis.
Das Ziel von Trump ist es, die amerikanische Industrieproduktion zu sichern und Jobs nach Amerika zurückzuholen, besonders in den Rust Belt. Außerdem will er mit Hilfe von Zöllen das Defizit in der Handelsbilanz der USA verringern und den Haushalt aufbessern. Den Widerstand der Handelspartner überwindet Trump üblicherweise dadurch, dass er mit hohen Strafzöllen droht und diese für den Fall des Widerstandes auch festsetzt.
Als Grund für seine rigorose Zoll- und Handelspolitik dient Trump der Vorwurf an die Handelspartner, sie würden den USA mit unfairen Handelspraktiken einen immensen Schaden zufügen. Das unfaire Verhalten sieht Trump darin, dass die US-Handelsbilanzen gegenüber vielen Handelspartnern negativ sind, insbesondere gegenüber China und der EU. Dabei beschränkt er sich jedoch auf die Warenbilanz, ohne die für die USA positive Dienstleistungsbilanz gegenzurechnen.
Zur Zollpolitik von Trump gehört auch die einseitige Kündigung langfristiger Handelsverträge, wenn ihm die Vertragsbedingungen nicht gefallen. Er kündigte zum Beispiel die Transpazifische Partnerschaft (TPP), ein Handelsabkommen mit mehreren Staaten im Pazifikraum. Auch bei dem im Jahr 1989 zwischen den USA und Kanada sowie Mexiko abgeschlossenen Freihandelsabkommen (NAFTA) bestand er auf Neuverhandlungen.
Die Zollpolitik von Trump richtet sich gegen alle Länder, die mit den USA Handel treiben. Für die Festsetzung der sogenannten Section-232-Zölle nutzt er das Instrument der „Executive Order“, weil er damit die Kontrolle des Kongresses umgeht. Bei der Berechnungsweise der Zölle orientiert sich Trump kurioserweise an der Höhe des Handelsüberschusses des Handelspartners gegenüber den USA. Je höher der Handelsüberschuss, desto höher der amerikanische Zoll. Die für die USA günstige Dienstleistungsbilanz lässt er dabei außen vor.
Gegenüber der Europäischen Gemeinschaft (EU) hat sich Trump schließlich nach einem längeren Hin und Her mit der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf eine Obergrenze für Section-232-Zölle von 15 % einverstanden erklärt. Für die Einfuhr von Stahl und Aluminium erheben die USA jedoch weiterhin einen Schutzzoll von 50 %, der auch gilt, wenn und soweit ein importiertes Wirtschaftsgut Teile von Stahl oder Aluminium enthält.
Gegen diesen Schutzzoll und die damit verbundenen Auflagen schlagen deutsche Hersteller und amerikanische Importeure kräftig Alarm: Die Zölle seien prohibitiv und überdies nicht praktikabel; sie gefährdeten Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks. Betroffen davon sind Güter mit einem geschätzten Importwert von etwa 240 Milliarden Dollar, in erster Linie Exporte deutscher Maschinenbauer. Demgegenüber können amerikanische Wirtschaftsgüter zollfrei in die EU eingeführt werden.
Trumps Strategie in der Zollpolitik besteht darin, die Handelspartner mit immer neuen Zollforderungen zu überrumpeln und zu verunsichern: Ende September 2025 verkündete er über sein Sprachrohr Truth Social mit wenigen Worten, dass die USA die Einfuhr von patentgeschützten Arzneimitteln ab dem 1. Oktober 2025 mit einem Zoll von 100 Prozent belegen werden. Vermeiden könne diese Abgaben nur, wer eine eigene Produktion in Amerika aufbaue. Das müsse aber sofort geschehen. Diese Ankündigung genügte, um die europäische Pharmaindustrie in Aufruhr zu versetzen.
Die EU-Kommission versucht mit dem Hinweis zu beruhigen, man habe mit den USA eine Obergrenze für Section-232-Zölle von 15 Prozent ausgehandelt. „Diese klare, umfassende Zollobergrenze von 15 Prozent für EU-Ausfuhren ist eine Absicherung dafür, dass für europäische Wirtschaftsakteure keine höheren Zölle anfallen“, teilte die EU-Kommission mit. Die exportorientierte deutsche Pharmaindustrie ist sich allerdings keineswegs sicher, ob patentgeschützte Arzneimittel aus der EU wirklich von den 100-Prozent-Zöllen ausgenommen sind und tatsächlich nur die 15 Prozent gelten. „Sollten die Pläne wie angekündigt zum 1. Oktober verwirklicht werden, wäre das ein harter Rückschlag für den Pharmastandort Deutschland und Europa“, teilte der Verband Forschender Arzneimittelhersteller mit.
Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie erratisch die Trumpsche Zollpolitik weiterhin ist und welche wirtschaftlichen Nachteile damit verbunden sind. Mit seiner Hinwendung zum wirtschaftlichen Nationalismus („America First“) hat Trump die an Regeln orientierte internationale Handelsordnung weitgehend zerstört. Die Folgen sind dramatisch: Was Trump vormacht, werden andere bald nachmachen. Dadurch verschwinden Sicherheit und Vertrauen in die internationalen Handelsbeziehungen und werden durch Unsicherheit und Misstrauen ersetzt. Das wird dazu führen, dass die mit einer arbeitsteiligen Weltwirtschaft verbundenen wirtschaftlichen Vorteile für alle Handelspartner verloren gehen werden, auch für die USA.